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Aus: Ausgabe vom 16.11.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Automobilindustrie

Eine Industrie im Niedergang

Krise im Autoland: Deutsche Hersteller auf Suche nach guten Nachrichten. Neuer Sündenbock in Sicht
Von Klaus Fischer
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Beim Volkswagen-Konzern sind Werkschließungen und Massenentlassungen noch nicht vom Tisch

Deutschlands Wirtschaft steckt in der Krise. Vor allem die Automobilindustrie ist in den Fokus der öffentlichen Debatte geraten. Zu Recht. Das Kernstück des Industriestandortes leidet unter Absatzschwäche, Gewinnrückgang und hohen Kosten – ein Nachteil im internationalen Konkurrenzkampf. Deshalb sind Branchenvertreter und Medienschaffende eifrig auf der Suche nach guten Nachrichten – und nach Schuldigen an der Misere. Beides wurde am Freitag geliefert – allerdings nicht im großen Format. Trump gefährde Autobauer, hieß es beim Handelsblatt. Hoffnung mache allerdings, dass ein US-Finanzinvestor Interesse an VW-Aktien bekundet habe.

Die Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten könne »die Gewinne von Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz empfindlich schmälern« hieß es mit Bezug auf die Marktforschungsfirma Marklines. Denn die großen drei der BRD-Autobranche exportierten »jährlich etwa 926.000 Fahrzeuge aus Europa und Mexiko in die USA – darunter viele teure Limousinen, SUVs und Sportwagen« –, was vor allem die VW-Marken Porsche und Audi treffe. Bei einer von Trump während des Wahlkampfes in die Diskussion eingebrachten Erhöhung des Importsteuersatzes »von 2,5 auf 12,5 Prozent könnte der Gewinn vor Steuern und Zinsen je nach Hersteller um elf bis 15 Prozent sinken« zitierte die wichtigste BRD-Wirtschaftszeitung den Analysten Daniel Schwarz von der Investmentbank Stifel Europe.

Dummerweise befinden sich nicht nur die Gewinne der drei Automultis bereits im Sinkflug, sondern auch die sozialökonomische Basis des Landes – auch gerne Wirtschaftsstandort genannt – ist erschüttert. Vor allem Volkswagen ist davon betroffen. Und hat das Konzernmanagement bewogen, für seine Stammarke Lohnkürzungen und mögliche Betriebsschließungen auf die Tagesordnung zu setzen. Da hatte Trump bislang allerdings wenig Anteil. Eher ist es die multiple Krisenlage aus gescheiterter Energiewende, kriegerischer Attitüde der NATO- und EU-Staaten gegen Russland und dem Erstarken der Konkurrenz aus Fernost, die auch den deutschen Staat an den Rand der Handlungsunfähigkeit gebracht hat.

Besonders gefährdet sind derzeit die Milliardeninvestitionen in den Ausbau von Produktionslinien und die Modellpalette für Elektrofahrzeuge. In einem Land mit hohen Strompreisen und zunehmend störanfällig gewordener Versorgung ist es nicht attraktiv, teure E-Autos zu kaufen – zumal die Subventionierung für den Kauf solcher Fahrzeuge im vergangenen Jahr kleinlaut zurückgenommen wurde. Begründung: kein Geld mehr.

Doch auch ein vermeintlicher Lichtblick wurde registriert: John Goetz, Finanzinvestor aus den USA und »mit rund 72 Milliarden US-Dollar« Kundengeldern auf der weltweiten Suche nach Rendite, hat seine Liebe zu Volkswagen beteuert: »Wir überlegen, noch mehr VW-Aktien zu kaufen« zitierte ihn das Handelsblatt. Seine etwas ungewöhnliche Begründung: »Wir lieben schlechte Nachrichten, wir suchen sie geradezu – und sehen das als Chance.«

Schlechte Nachrichten sind inzwischen Alltag für die deutsche Autobranche und das macht auch das Fluchtverhalten von Anlegern klar – dessen Resultat sinkende Kurse sind. Die üblicherweise gehandelten VW-Papiere sind sogenannte Vorzugsaktien. Sie gewähren kein Mitspracherecht auf den Hauptversammlungen, bieten im Gegenzug in der Regel bessere Dividende. Die übergroße Mehrheit der stimmberechtigten VW-Stammaktien befindet sich allerdings im Besitz dreier Großaktionäre: der Erbenfamilien Porsche-Piëch, dem Land Niedersachsen und der Investmentbehörde des Staates Katar. Die Vorzugsaktie hat sich in den zurückliegenden drei Jahren um deutlich mehr als die Hälfte verbilligt. Das ist kein Ausweis für Zuversicht. Die Inhaber der Stammaktien indes haben mit den in Rede stehenden »Sparprogrammen« nun doch eine Kurskorrektur für den wirtschaftlichen Supertanker befohlen. Allerdings vor allem zu Lasten der Beschäftigten.

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