Sphären der Entscheidung
Von Jens WalterGut drei Wochen vor der Entscheidung setzt die absehbare Vergabe der Fußball-WM 2034 an Saudi-Arabien auch den Deutschen Fußballbund unter Druck. Sollte der DFB bei der Entscheidung über die Ausrichter der Endrunden 2030 und 2034 zustimmen, »dann bleibt letztendlich das Gefühl, dass trotz aller schönen Worte und Erklärungen die Menschenrechte (…) anderen Interessen untergeordnet werden«, sagte exemplarisch für die Kritik Katja Müller-Fahlbusch von Amnesty International dem Sender RTL.
Bei der WM-Vergabe, die bei einem digital abgehaltenen FIFA-Kongress am 11. Dezember getroffen wird, haben alle 211 Mitgliedsverbände eine Stimme. An dem Zuschlag mit überwältigender Mehrheit für die Ausrichter 2030 und 2034 gibt es keine Zweifel.
Beide Weltmeisterschaften werden während des Onlinekongresses en bloc vergeben, das heißt in nur einer Abstimmung. Für beide gibt es jeweils nur eine Bewerbung. Die WM 2030 soll nach Eröffnungsspielen in Südamerika in Marokko, Portugal und Spanien gespielt werden, für 2034 ist Saudi-Arabien der einzige Kandidat. Eine Stimme gegen eine der Endrunden wäre gleichzeitig auch ein Votum gegen die andere.
»Der DFB hat in den vergangenen Monaten eine Vielzahl von Gesprächen mit unterschiedlichsten Institutionen und Einrichtungen zum Gesamtkomplex WM-Vergaben 2030/2034 geführt«, teilte der DFB bei RTL mit. Eine finale Entscheidung, wie sich der DFB positioniere, sei aber noch nicht gefallen. RTL berichtete hingegen, bei einer Tagung des Präsidiums Anfang November habe Einigkeit darüber bestanden, dass der DFB bei der Doppelvergabe zustimmen werde.
Das DFB-Präsidium werde sich »mit der Angelegenheit im zeitlichen Vorlauf des FIFA-Kongresses final befassen und anschließend selbstverständlich die Öffentlichkeit informieren«, teilte der DFB mit. Menschenrechtsorganisationen hatten immer wieder große Bedenken geäußert und Saudi-Arabien deutlich kritisiert. Amnesty teilte zuletzt mit, Saudi-Arabien weise eine erschreckende Menschenrechtsbilanz auf.
Bundestrainer Julian Nagelsmann machte im Vorfeld der Nations-League-Begegnung des DFB-Teams in Budapest gegen Ungarn im Interview mit RTL deutlich, dass er jenseits seiner privaten Meinung zu Saudi-Arabien, die er nicht äußern wolle, den Fokus auf die sportlichen Belange legen müsse. »Dass nicht alle Dinge top funktionieren in Saudi-Arabien, glaube ich, liegt auf der Hand. Aber das sind nicht unsere Bewertungsgrundlagen. Wir müssen uns sportlich so präparieren – ob das unter meiner Regie stattfindet oder nicht, werden wir sehen –, dass wir ein gutes Turnier spielen können«, betonte er. »Am Ende treffen wir als Trainer und als Mannschaft nicht die Entscheidung, sondern das sind ganz andere Bereiche, andere Sphären, wo diese Entscheidungen getroffen werden«, lautete sein Resümee. Nagelsmann hatte im April seinen Vertrag bis zur kommenden WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada verlängert.
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