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Aus: Ausgabe vom 28.11.2024, Seite 6 / Ausland
Mali

Von Maïga zu Maïga

Mali: Erzwungener Wechsel an Regierungspitze. Nachfolger hinter Militär
Von Jörg Kronauer
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Zuviel gefordert: Der geschasste Premierminister Choguel Maïga besucht am 16. November das Nationalmuseum in Bamako

Am 20. November war für Choguel Kokalla Maïga Schluss. Am Abend jenes Tages verlas der Generalsekretär in Malis Präsidialamt, Alfousseyni Diawara, in einer Sondermeldung im nationalen Fernsehen ein Dekret, in dem es heißt, dass »der Premierminister und die Regierungsmitglieder ihrer Ämter enthoben werden«. Der Premier – das war Maïga, der den Posten seit dem 6. Juni 2021 innegehabt hatte. Der Auslöser für seinen Rauswurf durch Malis Präsidenten Assimi Goïta: Er hatte wenige Tage zuvor öffentlich scharfe Kritik an den in Bamako herrschenden Militärs geübt. Gänzlich überraschend kam sein Sturz dabei nicht.

Choguel Maïga, geboren 1959, hatte bereits eine lange politische Karriere hinter sich, als er im Jahr 2020 zum Mouvement du 5 Juin – Rassemblement des forces patriotiques (M5-RFP) stieß, der Protestbewegung, die die Präsidentschaft von Ibrahim Boubacar Keïta erschütterte und dessen Sturz durch den Putsch vom 18. August 2020 den Boden bereitete. Nach dem zweiten Putsch in Bamako, am 24. Mai 2021, der Goïta zum Übergangspräsidenten machte, wurde Maïga zum Premierminister ernannt. In der von Militärs dominierten Regierung war er von Beginn an eine Art Aushängeschild für die zivile Protestbewegung um M5-RFP. Das ist er, mit gewissen Abstrichen, auch geblieben. Nach einem Schlaganfall wurde er am 21. August 2022 durch seinen Namensvetter Abdoulaye Maïga ersetzt, einen Offizier, konnte aber am 5. Dezember 2022 wieder in sein Amt zurückkehren. Beobachter sahen ihn allerdings unter den Militärs zunehmend isoliert.

Spekulationen, Choguel Maïga werde sich nicht mehr lange im Amt halten können, machten bereits im Frühjahr die Runde. Hintergrund war, dass die Entscheidung der Militärs, die eigentlich für März in Aussicht gestellten Wahlen auf unbestimmte Zeit zu verschieben, auf starken Protest stieß: Mehr als 80 soziale Organisationen und politische Parteien sprachen sich Ende März für ein baldiges Ende der Herrschaft der Offiziere aus, darunter auch einflussreiche Personen, die Maïga nahestanden. »Ist die Bruchstelle zwischen Choguel Maïga und Assimi Goïta erreicht?« fragte im Juni 2024 die in Paris erscheinende Zeitschrift Jeune Afrique. Ein paar Monate ging die Sache noch gut, bis Maïga am 16. November der Kragen platzte. Ausgerechnet anlässlich der Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an die ein Jahr zuvor erfolgte Rückeroberung von Kidal, einer Tuareg-Hochburg weit in Malis Norden, sprach Maïga von der »gebieterischen Notwendigkeit«, zur Demokratie zurückzukehren. Von der Entscheidung der Militärs im März, die Wahlen auf unbestimmte Zeit zu verschieben, habe er, der Premierminister, aus der Medienöffentlichkeit erfahren. Maïga schäumte.

Seine heftige Kritik an den Offizieren um Goïta kostete Maïga vier Tage später seinen Posten. Sein Nachfolger ist derjenige Offizier, der ihn im Sommer und im Herbst 2022 ein paar Monate lang ersetzt hatte, als er sich von seinem Schlaganfall erholte: Abdoulaye Maïga. Man kannte Abdoulaye Maïga schon seit Dezember 2021 vor allem als Regierungssprecher, der Goïta nahestand und der stets scharf gegen Frankreich Position bezog, so etwa im September 2022, als er die frühere Kolonialmacht vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen heftig attackierte und die Kooperation seines Landes mit Russland »beispielhaft« nannte. Dabei beschränkte er sich mit scharfer öffentlicher Kritik nicht auf westliche Staaten; im September etwa griff er vor der UN-Generalversammlung Algerien scharf an und warf dem Land – vor dem Hintergrund heftiger Gefechte nahe dem Grenzort Tin‑zaouatène, bei denen zahlreiche Malier und Russen ums Leben gekommen waren – vor, »Terroristen Unterschlupf zu bieten«.

In den Kämpfen um Eigenständigkeit, die Mali zur Zeit führt – gemeinsam mit Burkina Faso und Niger –, kann man von Abdoulaye Maïga harte Kante erwarten. Mit besonderem Dringen auf eine Rückkehr zur Demokratie, wie sie sein Amtsvorgänger befürwortete, hat er sich bislang nicht hervorgetan.

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