Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13.01.2024
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Aus: Ausgabe vom 30.11.2024, Seite 3 (Beilage) / Wochenendbeilage

Aufrüstung sofort

Von Arnold Schölzel
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Kein Zufall, dass die AfD 2013 maßgeblich von Professoren der Wirtschaftswissenschaft gegründet wurde. Der damals beschworene Untergang Deutschlands wegen des Euros trat nicht ein, im Gegenteil: Das deutsche Bruttoinlandsprodukt enteilte dem der Konkurrenten Frankreich und Britannien. Es stand 2023 hierzulande bei mehr als 4,5 Billionen US-Dollar, das französische bei gut drei Billionen Dollar, das britische bei 3,4 Billionen – 2013 waren die Verhältnisse noch 3,7 Billionen zu 2,8 Billionen zu 2,8 Billionen.

Nun aber drohen Russen und Trump-Amis gemeinsam. Es sei eine »Zeit wachsender geopolitischer Bedrohungen und globaler Unsicherheit«. Mit dieser Feststellung beginnt eine Art Tagesbefehl fürs politische Personal von vier deutschen »Stars« der Ökonomie – Clemens »Kanonen statt Butter« Fuest, Moritz Schularick, Armin Steinbach und Guntram Wolff – am Freitag in der FAZ. Überschrift: »Deutschland braucht mehr finanzielle Ressourcen für die Verteidigung – noch vor der Wahl«.

Die Hauptbedrohung geht für die vier von der erneuten Präsidentschaft Donald Trumps und seinen »Nominierungen für wichtige Posten« aus: Beides zusammen sende »Schockwellen durch Europa«. Die vier von der Wahrsageanstalt kennen nämlich die wie immer düstere Zukunft: »Schon bald könnte die Unterstützung der Ukraine allein von uns Europäern abhängen. Ein solches Szenario würde erhebliche zusätzliche finanzielle Ressourcen erfordern, die schnell und nur mit langfristiger Perspektive bereitgestellt werden müssen.« Anders gesagt: Waffenruhe, Waffenstillstand oder gar Frieden, also Landesverrat, haben die Sachverständigen für alles aus ihrer Preisberechnung ausgeschlossen. Oder vielleicht umgekehrt: Sollte Trump das gefährlich Verrückte wahrmachen und mit den Russen einen Ukraine-Deal verabreden, muss Deutschland zahlen. Weil der Russe nicht anders kann und wieder einmal Deutschland angreift. Wie 1945. Oder war das anders?

Egal, muss ein deutscher Professor knapp 80 Jahre später nicht wissen, die vier meißeln die Worte wie einst Moses die Zehn Gebote in Steintafeln. »Die Gefahr für die Sicherheit unserer Gesellschaft ist real.« Das Böse lauert. Es folgt bester Managernullsprech: »Die Herausforderung trifft auf ein Umfeld, in dem der Handlungsspielraum der demokratischen Mitte durch den Aufstieg populistischer Parteien zunehmend begrenzt wird.« In gewöhnlicher Sprache: Die Russenfreunde von AfD und BSW bekommen so viele Mandate, dass die auf Krieg versessene »Mitte« nicht mehr eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag für eine Verfassungsänderung zusammenbekommt. Wenn aber dieses radikale Zentrum gemeinsam noch vor der Wahl das Bundesverfassungsgericht vor der Übernahme durch Alice Weidel/Tino Chrupalla und Sahra Wagenknecht schützen kann, dann soll es gefälligst auch die Voraussetzungen schaffen, »dass Deutschland sicherheitspolitisch handlungsfähig bleibt«. Bedeutet: »Nettoinvestitionen für Verteidigung« von der Schuldenbremse ausnehmen und – zack, zack – »sofort mit der Umschichtung von Ausgaben zu beginnen«. Wenn schon Wahn, dann bitte nicht von Streichen, Kürzen und »Sparen« reden. Die Bevölkerung wird noch gebraucht – für Profitproduktion und/oder Krieg.

Die »alternative Lösung«: ein »Sondervermögen für die Bundeswehr von 300 Milliarden Euro oder mehr«. Das »würde ebenfalls sofort Aufrüstung ermöglichen«. Wobei die gleichzeitig auf lange Frist angelegt werden müsse, sonst baue die Rüstungsindustrie keine Kapazitäten auf.

Der kollektive Rappel der vier Koryphäen breitet sich in den oberen Etagen der Gesellschaft aus. Dort verschärfen sich Ton und »Lösungen«. »Aufrüstung sofort« ist eine passende Überschrift für die nächste Zukunft.

Der kollektive Rappel der vier Koryphäen breitet sich in den oberen Etagen der Gesellschaft aus. Dort verschärfen sich Ton und »Lösungen«. »Aufrüstung sofort« ist eine passende Überschrift für die nächste Zukunft.

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