Gegründet 1947 Donnerstag, 16. Januar 2025, Nr. 13
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 09.12.2024, Seite 7 / Ausland
Burkina Faso

Wechsel in Ouagadougou

Burkina Faso: Präsident Traoré löst die Regierung auf und ernennt einen neuen Premierminister
Von Jakob Reimann
Burkina_Faso_Prime_M_84362285.jpg
Lässt sich nicht in die Karten schauen: Übergangspräsident Ibrahim Traoré (Ouagadougou, 15.10.2022)

Burkina Faso hat einen neuen Regierungschef: Gut 24 Stunden nach der Auflösung der Regierung am Freitag hat das west­afrikanische Land seit Sonnabend einen neuen Premierminister. Rimtalba Jean Emmanuel Ouédraogo soll in den kommenden Tagen nun eine neue Regierung bilden und anführen, hieß es in dem im Fernsehen veröffentlichten Dekret von Übergangspräsident Ibrahim Traoré, der sich im September 2022 an die Macht geputscht hatte. Erst am Freitag abend hatte Traoré ohne Begründung die Entlassung der bisherigen Regierung unter Premier Apollinaire Joachim Kyélem de Tambèla bekanntgegeben.

Ouédraogo war nach dem Putsch 2022 zunächst Regierungssprecher und zuletzt auch Minister für Kommunikation, Kultur und Tourismus. In seine Verantwortung fällt die Entscheidung, dem französischen Staatsfunk Radio France Internationale, einem der meistgehörten internationalen Radiosender der Welt, die Sendegenehmigung zu entziehen, schrieb Le Monde Anfang Dezember 2022. Wie auch die verbündeten Nachbarn Mali und Niger, wo sich in den vergangenen Jahren ebenfalls junge Militärs an die Macht geputscht hatten, verfolgt die Traoré-Regierung eine dezidiert antieuropäische, besonders aber antifranzösische Rhetorik und übersetzt sie auch in konkrete Politik. Bereits im Frühjahr 2023 waren sämtliche französischen Truppen aus dem Land geworfen worden. Im vergangenen Sommer hatten die drei genannten Länder einen gegenseitigen Verteidigungspakt, die Allianz der Sahelstaaten, gegründet, um im Kampf gegen den grassierenden Terrorismus in der Region zu kooperieren. Verbindungen zu westlichen Streitkräften wurden gekappt, die Allianz wandte sich Russland zu.

Im Jahr 2022 war der jetzt gefeuerte Kyélem de Tambèla von Präsident Traoré überraschend zum Premier ernannt worden, obwohl er weder über eine Partei noch politischen Rückhalt verfügte. Traorés Devise folgend, forcierte Kyélem de Tambèla in seiner zweijährigen Amtszeit mit Nachdruck die strategische Annäherung an Russland. Auch seine erste Auslandsreise führte ihn nach Moskau. »Wir wollen eine strategische militärische, wirtschaftliche und kulturelle Partnerschaft mit Russland aufbauen«, sagte der damalige Premier laut Business Insider Africa zur Eröffnung des Wirtschaftsforums Economic Days of Burkina Faso, das Anfang Oktober dieses Jahres in Moskau stattfand und russische Investoren und Industrielle anlocken sollte. Auch hob er mit Wohlwollen die Eröffnung der russischen Botschaft in Ouagadougou hervor. Nach 31 Jahren wurde sie im vergangenen Dezember wiedereröffnet, meldete Africa News damals.

Im Oktober 2023 unterzeichnete die burkinische Regierung mit der russischen Atomenergiebehörde Rosatom eine Absichtserklärung über den Bau des ersten Kernkraftwerks des Landes. Im September hatte der nun abgesetzte Kyélem de Tambèla noch im Namen Burkina Fasos sein Interesse an einem Beitritt zum BRICS-Bündnis begründet. Wie die türkische Agentur Anadolu berichtete, sagte er gegenüber dem russischen Botschafter Igor Martinow, dass ein Beitritt dazu beitragen würde, »der Vorherrschaft des Dollars und des Euros entgegenzuwirken« und einen »gleichberechtigteren internationalen Handel« zu erreichen. Noch Ende November besuchte der stellvertretende russische Ministerpräsident Alexander Nowak Burkina Faso, um mit Kyélem de Tambèla über »bilaterale Kooperationen« zu diskutieren, wie die russische Regierung am Freitag meldete. Dies war der erste Besuch eines russischen stellvertretenden Ministerpräsidenten im westafrikanischen Land überhaupt und unterstrich somit auch Kyélem de Tambèlas Stellung und Ansehen. Dass er nun ohne Begründung abgesetzt wurde, verwundert Beobachter.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche:

  • Adieu pour toujours! Ein nigrischer Bürger feiert den Abzug fran...
    25.07.2024

    Problemfall der Weltherrschaft

    In Niger kämpft das Militär um »die Wiedererlangung der vollständigen Souveränität« gegen Islamisten und westliche Bevormundung in einem der ärmsten Länder der Welt (Teil 2 und Schluss)
  • Auf den Spuren Thomas Sankaras: Burkina Fasos neuer Staatschef I...
    06.07.2024

    Zeitenwende in Afrika

    Durch Zerfall der neokolonialen Einflusssphäre Frankreichs ergeben sich neue Chancen für afrikanische Länder – auch in Zusammenarbeit mit Russland
  • Mit Unterstützung der Straße: Slogans gegen Frankreich und russi...
    24.01.2023

    Au revoir

    Burkina Faso schmeißt Frankreichs Militär raus, Macron verwirrt. Engere Zusammenarbeit mit Moskau und Teheran

Mehr aus: Ausland

Alle redaktionellen Beiträge zur RLK25 sind nun hier verfügbar