Mietwucher trotz Preisbremse
Von Niki UhlmannDer Verlängerung der Mietpreisbremse ist die erste Hürde genommen. Das Bundeskabinett billigte einen entsprechenden Entwurf von Justizminister Volker Wissing (ehemals FDP, jetzt parteilos) am Mittwoch. Bis 2029 soll sie gelten, ein Jahr länger als mit Wissings Vorgänger Marco Buschmann, der das Vorhaben samt FDP lang verzögert hatte, vereinbart. Freilich kann die Verlängerung, die ein Großteil der Republik eingefordert hat, im Bundestag noch an der rechten Opposition, zu der die FDP inzwischen wieder zählt, scheitern. Ausgedehnt würde der Anwendungsbereich der Preisbremse auch auf Wohnungen, die zwischen dem 1. Oktober 2014 und 2019 erstmals vermietet wurden.
Die Verlängerung schütze »mehr als neun Millionen Haushalte in über 400 Gemeinden im ganzen Land«, teilte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) in einer Pressemitteilung mit. Es geht um etwa 30 Prozent der Bevölkerung und 40 Prozent aller Mietwohnungen in der BRD. Der Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft, Axel Gedaschko, sprach von einer »Bremse für den Bau von bezahlbarem Wohnraum«. Dabei hatten Immobilienriesen wie Vonovia und LEG angekündigt, ihre Spielräume nach Auslaufen der Mietpreisbremse ausnutzen zu wollen. Beide wollten jW nicht beantworten, ob die Verlängerung sich auf ihre Gewinnerwartung auswirken würde. Der Deutsche Mieterbund hatte dagegen vor unkalkulierbaren Folgen gewarnt. Zuletzt haben am Dienstag einige Bundesländer angekündigt, die Verlängerung mittels Bundesratsinitiative anstoßen zu wollen. Ganz blind ist die Reste-Ampel also nicht.
Der Linken geht die Mietpreisbremse nicht weit genug. Sie hat im Oktober den Gesetzentwurf »zur effektiven Verfolgung von Mietwucher« vorgelegt, der an eine nahezu gleichnamige Bundesratsinitiative anknüpft. Er sieht vor, den durch Auslegung des Bundesgerichtshofs »weitgehend wirkungslos gewordenen« Ordnungswidrigkeitstatbestand »Mietpreisüberhöhung« nachzuschärfen. Statt »Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen« soll der Wohnraummangel selbst zum »objektiven Kriterium« werden. Caren Lay (Die Linke) kommentierte gegenüber jW: Die Regelung würde »flächendeckend und nicht nur in angespannten Wohnungsmärkten« gelten. Wohnungsämter könnten dann Bußgelder verhängen und Mieten senken.
Lay brachte den Gesetzentwurf vergangenen Donnerstag im Bundestag ein. »In Großstädten wurden die Mieten in nur neun Jahren im Schnitt um 44 Prozent erhöht. Die Mietpreisbremse bremst also gar nicht.« Dann könne man sie ja abschaffen, unterbrach Thorsten Lieb (FDP). »Mietwucher ist eine Straftat«, deren Bekämpfung erleichtert werden müsse, fuhr sie fort. Es gäbe im Bundestag aber »keine politische Mehrheit für die Interessen der Mieterinnen und Mieter«, stellte Zanda Martens (SPD) fest. Das sei aber nicht die Schuld der SPD. Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen) räumte ein: »Wir hätten in dieser Legislatur mehr für die Mieterinnen und Mieter tun können.« Letztlich schoben SPD und Grüne aber der FDP die Schuld in die Schuhe. Thorsten Lieb konterte: »Diese Rezepte folgen doch unverhohlen eigentlich nur Enteignungsfantasien.« Darin war er sich mit Christian Wirth von der AfD einig, der von einem »Planwirtschaftsgesetz« sprach. Für die CDU sprach Jan-Marco Luczak und warb für Mitgefühl mit Grundeigentümern. Er fände es nicht richtig, Mietwucher zu Lasten der Vermieter effizienter zu verfolgen.
Beim Mietfilz ist die CDU konsequent. Der rechtspolitische Sprecher ihrer Bundestagsfraktion, Günter Krings, schloss eine Zustimmung zur Verlängerung der Mietpreisbremse gegenüber AFP am Mittwoch aus. Eine Neufassung könnte »sinnvoll sein«, aber vom neuen Bundestag »ohne weiteres« noch bis Ende 2025 beschlossen werden. Ob Krings selbst zur Miete lebt, konnte oder wollte ein Pressesprecher gegenüber jW nicht beantworten. Auf Anfrage teilte auch der bau- und wohnungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, Daniel Föst, mit, dass man gegen die Verlängerung stimmen werde. Sie sei »langfristig der unsozialste Weg«, würde »Wohnungsbau verhindern«. Bezahlbare Mieten entstünden »durch mehr Angebot«. Vermieter würden »oft sozial handeln und zu fairen Preisen vermieten«.
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