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Aus: Ausgabe vom 13.12.2024, Seite 2 / Inland
Arbeit versus Kapital

Thyssen-Krupp köchelt

Duisburg: Betriebsversammlung beim Stahlkonzern. Arbeiter mit Fackelzug
Von Oliver Rast
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Stahlkocher und Bosse liegen über Kreuz. Protest am Mittwoch nachmittag in Kreuztal im Siegerland

Mikros knarzen, Stimmen schwirren, Stühle ruckeln. Eine dumpfe Geräuschkulisse in der Telefonleitung. Nach drei, vier Sekunden meldet sich am Leitungsende ein Belegschaftsvertreter gegenüber jW. Der Name unverständlich, ein, zwei abgehackte Sätze, die Verbindung bricht ab. Verständlich, schließlich ist Betriebsversammlung am Donnerstag vormittag. Beim deutschen Stahlriesen Thyssen-Krupp. Die Arbeiter in Alarmbereitschaft, ein bisschen zumindest. Rund 3.500 Stahlwerker versammeln sich in der großen Werkshalle am Standort Duisburg-Bruckhausen, berichtete gleichentags Karsten Kaus im jW-Gespräch. Was sonst anderthalb Stunden dauert, dauerte rund dreieinhalb Stunden, so der Erste Bevollmächtigte der IG Metall (IGM) Duisburg-Dinslaken weiter. Und die Stimmung? »Die Hütte brennt.« Gleichfalls verständlich; wenngleich nur ein bisschen. Bekannt ist der Grund für den Unmut: Die Konzernbosse hatten Ende November angekündigt, rund 5.000 Jobs zu vernichten, 6.000 weitere auszulagern.

»Eckpunkte«, die die drei Vorstände der Stahlsparte beim Belegschaftstreff wiederholt haben. Verständlicherweise reagierten die Malocher verständnislos. Pfiffe, Buhrufe gelten durch die Halle. Laut, aber ohne Rabatz. »Unsere Kollegen sind gut erzogen«, weiß Kaus. Aber: Die Beschäftigten erwarteten einen »konkreten Plan«, nicht bloß vage Planspiele, die nur eins verursachten: Angst, Zukunftsangst. »Und so lange die Konzernspitze das nicht macht, brauchen wir uns mit ihr auch nicht an einen Tisch zu setzen«, betonte Kaus. Nur, worüber soll verhandelt werden? Massenentlassungen, Werksdemontagen? Kaus: »Keinesfalls.« Im Gegenteil, betriebsbedingte Kündigungen und Standortschließungen seien nicht verhandelbar. Ferner fordert die IGM ein Finanzierungskonzept, etwa für die »grüne« Transformation der Branche.

Klingt verständlich. Ist es auch realistisch? Kaum. Beispiel: Das Hüttenwerk Krupp Mannesmann (HKM) im Duisburger Stadtteil Hüttenheim soll verkauft werden. Klappt das nicht, ginge es um »einvernehmliche Schließungsszenarien«, hatten die Stahl-Vorstände erklärt. Zudem wollen sie den Weiterverarbeitungsstandort in Kreuztal-Eichen im Siegerland dichtmachen. Einfach hinnehmen möchten das die knapp 600 Beschäftigten nicht. Fackeln flackern im Dämmerschein am Mittwoch in Kreuztaler Straßen. Ein Protestmarsch zum »Roten Platz« vor dem örtlichen Rathaus. Die Botschaft auf dem Frontbanner mit dem Schriftzug: »Solidarität. Wehrt. Euch.« Bleibt das aus, wäre das ein weiterer Schlag gegen die regionale Montanindustrie. Unverständlich auch deshalb: Das Werk in Kreuztal sei voll ausgelastet, auch über Weihnachten und Neujahr, sagten Beschäftigte am Donnerstag zu jW. Also, warum das Ende? Trotz Auslastung der Anlagen würden Verluste eingefahren, sei ein Betrieb nicht profitabel, meinte der Stahlsparten-PR-Chef Mark Stagge auf jW-Nachfrage.

Und nun? Die Stahlwerker müssen sich wohl stärker verständlich machen, stimmgewaltiger werden. Sonst köchelt der Protest weiter vor sich hin.

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