Sinn Féin bleibt draußen
Von Dieter ReinischWeiter wie bisher. So gestaltet sich die gegenwärtige Lage in Irland. Die republikanische Oppositionspartei Sinn Féin hat sich nach den Wahlen Ende November zwar mit Vertretern anderer kleinerer Oppositionsparteien getroffen, um eine mögliche Linkskoalition auszuloten. Doch verhinderte ihr eigenes schwaches Ergebnis einen Wechsel in die Regierung des Landes. Eine Koalition aus fünf oder mehr Parteien plus mehr als einem Dutzend Unabhängiger wäre wohl auch von Beginn an zu fragil gewesen.
Nun gibt es daher aller Wahrscheinlichkeit nach abermals eine Dreierkoalition mit den beiden konservativen Parteien Fianna Fáil (FF) und Fine Gael (FG), die die Insel seit ihrer Unabhängigkeit vor über 100 Jahren regieren. Nur der kleine Koalitionspartner wird ausgetauscht: Statt der am Wahltag schwer abgestraften Grünen dürfte Labour der Mehrheitsbeschaffer werden. Die Grünen verloren elf Sitze und halten im neuen Parlament nur noch einen Abgeordneten. Damit fielen sie automatisch aus dem Koalitionspoker. Labour dagegen gewann fünf Sitze und bringt mit nun elf Mandaten ausreichend viele Abgeordnete für eine sichere Mehrheit der Regierung mit.
Seit dieser Woche laufen Koalitionsgespräche der Parteichefs, die von allen Seiten als positiv bewertet werden. Nach einem ersten Treffen sagten der FF-Chef Micheál Martin und der FG-Vorsitzende Simon Harris, sie hätten ein »positives und konstruktives« Gespräch geführt. Sie seien sich einig, dass »für die nächsten fünf Jahre eine stabile Regierung erforderlich ist, die auf gegenseitigem Respekt und einer klaren politischen Linie beruht, damit sie angesichts großer Herausforderungen für das irische Volk Leistungen erbringen kann«, hieß es. Zusammen haben FF und FG 86 Sitze, zwei weniger als für die Mehrheit notwendig. FF hat die bessere Verhandlungsposition mit 48 Sitzen gegenüber 38 von FG.
Berichten der irischen Nachrichtenplattform breakingnews.ie zufolge wird FF darauf drängen, dass Martin bei einer Rotation im Amt des Regierungschefs länger Premier bleibt. Offiziell laufen die Koalitionsgespräche nur zwischen FF und FG, mit der Labour-Chefin Ivana Bacik trafen sich die beiden Parteiführer getrennt. Labour hatte sich in den vergangenen Jahren unter der neuen Vorsitzenden Bacik von einer tiefen Krise erholt. Nachdem sie von 2011 bis 2016 als kleiner Koalitionspartner von FG das Austeritätsprogramm der Europäischen Zentralbank mitgetragen hatte, büßte sie 30 ihrer bis dahin 37 Abgeordneten ein – ein Schicksal, das Labour nach jeder Regierungsbeteiligung widerfuhr. Acht Mal saß die Partei seit 1948 in irischen Regierungen, immer wurde sie danach hart abgestraft.
Davon könnte die andere sozialdemokratische Partei noch verschont werden. Die linken Socdems schnitten bei den Wahlen gut ab, steigerten sich von sechs auf elf Sitze. Sie hatten sich rasch als Mehrheitsbeschaffer angeboten, stecken aber seit Mittwoch in einer innerparteilichen Krise. Der neugewählte Abgeordnete Eoin Hayes wurde von der Partei suspendiert, nachdem bekanntgeworden war, dass er Anteilseigner und ehemaliger Mitarbeiter eines Unternehmens für militärische Spionagetechnologie war. Diese Woche kam hinzu, dass er ehemaliger Mitarbeiter von Palantir ist, einem Unternehmen, das eng mit dem israelischen Mossad, der CIA, dem britischen MI6 und anderen westlichen Geheimdiensten verbunden ist. Das 2004 gegründete und ursprünglich von der CIA finanzierte Unternehmen hat künstliche Intelligenz eingesetzt, um gezielt Palästinenser zu töten.
Hayes hatte zuvor behauptet, er habe seine Anteile verkauft, bevor er in die Politik ging, musste jedoch später eingestehen, dass dies nicht zutraf. Tatsächlich verkaufte er die Aktien erst nach seiner Wahl in den Dubliner Stadtrat Anfang des Jahres. »Die Sozialdemokraten haben zwei Gesichter. Einerseits rekrutieren sie echte linke Aktivisten und verwenden eine linke Sprache. Andererseits holen sie sogenannte progressive Unternehmer wie Hayes und sagen, sie wollen eine Koalition mit Fianna Fáil und Fine Gael eingehen«, kommentierte Richard Boyd-Barrett, Abgeordneter der linken People Before Profit, die Ereignisse.
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