Werben um Dschihadisten
Von Wiebke DiehlDas Ringen um Einfluss im »neuen« Syrien läuft auf Hochtouren: Am Sonntag forderte der UN-Sondergesandte Geir Pedersen in Damaskus die Aufhebung westlicher Sanktionen. Nur wenn die »Strafmaßnahmen« beendet würden, könnten westliche Firmen am Wiederaufbau des geschundenen Landes partizipieren. Wie schon am Vortag auf einem internationalen Syrien-Gipfel im jordanischen Akaba forderte Pedersen einen Prozess, in den alle Syrer einbezogen würden. Die Übergangsregierung müsse staatliche Institutionen zum Laufen bringen und für »Recht und Ordnung und Sicherheit« sorgen.
Unterdessen bot die türkische Regierung den neuen Machthabern in Damaskus militärische Unterstützung und Ausbildung an. Ankara hat – gemeinsam mit der CIA, den Golfstaaten und Israel – seit Beginn des Syrien-Kriegs dschihadistische Gruppen, wie sie vor einer Woche die Macht übernommen haben, unterstützt, ausgerüstet und trainiert. Bereits am Sonnabend wurde die türkische Botschaft in der syrischen Hauptstadt wiedereröffnet.
Während in sozialen Netzwerken Videos und Berichte von Hinrichtungen alawitischer Syrer die Runde machten, warnte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock die »Unterstützer« des gestürzten syrischen Präsidenten vor der Flucht nach Deutschland. Nachdem 2015 und in den Folgejahren neben Flüchtlingen auch zahlreiche Anhänger und Mitglieder terroristischer Gruppen unbehelligt nach Deutschland gekommen waren, will man jetzt »all die Schergen des Regimes mit der vollen Härte des Gesetzes für ihre furchtbaren Verbrechen zur Rechenschaft« ziehen. Zugleich forderten die deutschen Grünen im EU-Parlament, Syrer sollten ihren Asylstatus in Deutschland behalten, auch wenn sie sich in Syrien am Wiederaufbau beteiligten.
Am Wochenende setzte die israelische Luftwaffe ihre Bombardierungen im Umland von Damaskus fort. Nachdem sich die neuen Machthaber unter Führung der vom Westen als Terrororganisation eingestuften Haiat Tahrir Al-Scham (HTS) tagelang nicht zu diesen Völkerrechtsbrüchen geäußert hatten, sagte HTS-Anführer Mohammed Al-Dscholani, der inzwischen seinen bürgerlichen Namen Ahmed Al-Scharaa nutzt, am Wochenende, Israels Vorwand, Waffen der syrischen Armee sollten nicht in die Hände dschihadistischer Kämpfer fallen, sei »ungerechtfertigt«.
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Leserbrief von Frank Lukaszewski aus Oberhausen (16. Dezember 2024 um 09:24 Uhr)Mich erstaunt schon, obwohl es das eigentlich nicht sollte, dass jener regelbasierte Westen meint, so präzise unterscheiden zu können. Auf der einen Seite steht die zu Recht als terroristische Vereinigung bezeichnete, palästinensische Hamas. Andererseits werden jene, Hamas-ähnlichen, offensichtlich bereits mordenden, schariabasierten Dschihadisten im faktisch ehemaligen Syrien in der Einheitspresse als »gemäßigt« schöngeredet. Das alles soll selbstverständlich faktenbasiert sein. Ein anderer Punkt: Wurde und wird jemals die Bevölkerung des jetzt endgültig zerschlagenen Syriens gefragt, welche Regierung gewünscht wird? Den ständig moralisierenden »Demokratien« à la EU und USA scheint es offensichtlich wurscht zu sein.
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