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Aus: Ausgabe vom 16.12.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Regierungsverhandlungen Belgien

Belgische Gewerkschaften mobilisieren

»Arizona-Koalition« rückt näher. Im Programm hat sie sozialen Kahlschlag. Belgier protestieren
Von Gerrit Hoekman
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Jeder muss Opfer bringen, außer den Superreichen. Dagegen protestierten die drei großen belgischen Gewerkschaften am Freitag in Brüssel

Vergiftete Geschenke unter dem Weihnachtsbaum? Nein danke! – Unter diesem Motto haben mehrere tausend Mitglieder der drei großen belgischen Gewerkschaften am Freitag in Brüssel demons­triert. Senkung des Lohnzuschlags für Nacht- und Wochenendarbeit, mehr Flexibilität und schlechtere Arbeitsbedingungen, höhere Lebenshaltungskosten durch Anhebung der Mehrwertsteuer – das ist nur eine kleine Auswahl aus der langen Liste sozialer Grausamkeiten, die die sogenannte Arizona-Koalition aus flämischen Nationalisten, Liberalen, Christ- und Sozialdemokraten plant, falls sie in Belgien an die Regierung kommt.

»Die Feiertage stehen vor der Tür, aber die ›Geschenke‹, die die nächste Regierung in petto hat, versprechen eine große Enttäuschung«, hieß es in dem Demoaufruf. »Sie servieren uns ein Paket sozialer Rückschritte und wieder einmal sind es die Werktätigen und die Schwächsten, die die Rechnung bezahlen sollen, während die Reichsten vom Wind verschont bleiben. Wir werden nicht zulassen, dass rechte Politiker unsere Ansprüche auf dem Altar der Sparmaßnahmen und des Profits opfern.«

Die Gewerkschaften sandten am Freitag eine klare Botschaft an die möglichen Koalitionäre, die sechs Monate nach den Parlamentswahlen unter Leitung von Bart De Wever, dem Führer der flämischen Nationalisten der Nieuw-Vlaamse Alliantie    (N- VA), noch immer über eine gemeinsame Regierung verhandeln. »Was auf dem Verhandlungstisch liegt, ist völlig inakzeptabel und ungenießbar«, schimpfte der Vorsitzende der sozialistischen Gewerkschaft FGTB-ABVV, Thierry Bodson. Besonders Arbeitslose, Rentnerinnen und Rentner, aber auch Werktätige seien von den geplanten Maßnahmen betroffen. Sie müssen eine längere Lebensarbeitszeit vorweisen, um eine auskömmliche Rente zu erhalten.

»Die kleine Kaufkraftsteigerung, die die Verhandlungsführer versprechen, wird durch die Mehrwertsteuererhöhung und die Angriffe auf die automatische Indexierung von Löhnen und Sozialleistungen völlig zunichte gemacht«, so Bodson. Die Indexierung soll in Belgien seit ewigen Zeiten dafür sorgen, dass die Löhne automatisch mit den Lebenshaltungskosten steigen. »Warum kommen die Verhandlungsführer nicht auf eine Krisensteuer auf große Vermögenswerte? Warum kommen sie nicht auf eine echte und vollwertige Kapitalertragssteuer? Warum bekämpfen sie nicht die Steuerhinterziehung und den Steuerbetrug, die uns etwa das jährliche Gesundheitsbudget kosten?«, fragte Ann Vermorgen, die Vorsitzende der christlichen Gewerkschaft ACV.

»Kurz gesagt: Jeder muss Opfer bringen, außer die Superreichen«, fasste die marxistische PVDA/PTB die Pläne von Bart De Wever am Freitag auf ihrer Internetseite zusammen. Die Partei war auf der Kundgebung mit zahlreichen Mitgliedern vertreten, darunter auch der Vorsitzende Raoul Hedebouw. »Die arbeitende Klasse spalten und gegeneinander aufhetzen. Das ist das Ziel der asozialen Maßnahmen von Bart De Wever und der Parteien, mit denen er über eine neue Regierung verhandelt«, hatte Hedebouw bereits in seiner Rede auf dem alljährlichen Manifiesta-Festival im September in Oostende festgestellt. »Aber zusammen können wir sie stoppen. Denn einen Finger kannst du brechen, aber eine Faust nicht.«

»Viele Menschen sind besorgt über De Wevers Pläne. Sie sind wütend und haben recht. Deshalb werden wir in den kommenden Monaten an jedem 13. des Monats demonstrieren, solange es nötig ist«, kündigte Vermorgen an. »Es gibt keine andere Lösung«, erklärte ihr sozialistischer Kollege Bodson und schloss auch einen Generalstreik nicht aus. »Der Lehrerstreik hat bereits viele Menschen mobilisiert, und auch die Demonstration des Gesundheits- und Sozialsektors war ein Erfolg. Das bedeutet, dass die Mobilisierung im Moment funktioniert«, drohte der Vorsitzende der FGTB-ABVV.

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