Aus Leserbriefen an die Redaktion
Wesen, nicht Erscheinung
Zu jW vom 9.12.: »Eins, zwei, drei, viele Marx?«
Zunächst ist anzuknüpfen am Hauptwerk, welches den Namen trägt »Das Kapital – Kritik der Politischen Ökonomie«. Mit dieser Bezeichnung konstituiert Marx eine eigene Disziplin, die keine Nationalökonomie oder Volkswirtschaftslehre ist. Gegenstand, Theorie und Methode dieser Wissenschaft Politische Ökonomie ergeben sich aus einem interdisziplinären Ansatz aus Ökonomie, Politik und Philosophie. Weil die Politische Ökonomie eben keine Nationalökonomie und keine Volkswirtschaftslehre ist, treffen Kritiken aus dieser Perspektive Marx nicht. Es ist einsichtig, dass zu einer Politischen Ökonomie Elemente einer politischen Theorie gehören; heute würde man von den politischen, juristischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für ökonomisches Handeln sprechen. Aber zur Politischen Ökonomie im Verständnis von Marx gehört auch eine (implizite) Philosophie, was sich durch den vielfachen Bezug auf Hegel und andere Philosophen belegen lässt, wie auch durch die methodentheoretische Nutzung philosophischer Kategorien. Der interdisziplinäre Charakter der Politischen Ökonomie ergibt sich aus dem Zusammenwirken von politischer, ökonomischer und philosophischer Theorie.
Eine methodentheoretische Spezifik bei Marx ist seine Unterscheidung von Forschungs- und Darstellungsmethode, auch hier wieder in Anknüpfung an Kant und Hegel. Auf dem Wege der Forschung gilt es, nach dem inneren Zusammenhang, dem roten Faden auf der Ebene des Wesens, nicht in den sinnlichen Erscheinungen zu suchen. Er verfolgt den klassischen methodentheoretischen Ansatz über Wesen und Erscheinung. Wenn dann auf dem Wege der Forschung der rote Faden der wirklichen Zusammenhänge gefunden wurde, kann dieser auch entsprechend dargestellt werden. Dabei ist die »Darstellungsmethode« ein durchaus eigenständiges, methodentheoretisches Vorgehen.
Bernd Vogel, Leipzig
Vergelbt
Zu jW vom 12.12.: »Überflüssige des Tages: FDP«
Auf (…) die gegenwärtigen Prognosen von vier oder viereinhalb Prozent für die Gelben muss man sich nicht verlassen. Ob die Gelben »ihre mit weitem Abstand größte Leistung zum Wohle der allermeisten Bürger dieses Landes« vollbringen, ist bei weitem nicht ausgemacht! Man hat schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen.
Heinrich Hopfmüller, Stadum
»Betrug am Bürger«
Zu jW vom 11.12.: »Wahlausschuss wählt aus«
Mir bleibt nur, dem System gemäß, von einem wahrhaften Wahlausschuss zu sprechen. Dieser Staat, der nicht einmal eine im Volk abgestimmte Verfassung besitzt und wo man normalerweise alle vier Jahre entscheiden darf, von wem der Betrug am Bürger ausgeführt werden soll, verlangt von Parteien, alle zwei Jahre Parteitage durchzuführen? Welch bürokratischer Kostenaufwand! Da wäre der Bundestag eher gefragt, im D-Zug des Politgeschehens, sich bestätigend zu aktivieren. Übrigens, mir liegt noch die Postwurfsendung von 1989 vor. Dort heißt es im Artikel 146 (Geltungsdauer): »Dieses Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.« Die über mehrere Monate in der DDR 1968 diskutierte und dann in freier Wahl beschlossene Verfassung wurde durch die Verratsreformer 1990 einfach für die Vereinnahmung durch den verfassungslosen Staat BRD passend verstümmelt und somit auch die letzte Demokratie beseitigt.
E. Rasmus, per E-Mail
Verfall der Genehmigungen
Zu jW vom 7./8.12.: »Appell für Mietpreisbremse«
Die Verlängerung und strikte Einhaltung der Mietpreisbremse ist notwendiger denn je. Da unzureichend Wohnungen gebaut werden, können weniger vermietet oder anderweitig vergeben werden. Da liegt Mietwucher auf der Hand. Unsere Regierung hat das ehrenwerte Ziel, jährlich 400.000 Wohnungen fertigzustellen. Darunter 100.000 sozial geförderte. Ein gutes Vorhaben, nur erfüllt wird es nicht. 2023 waren es nur 294.000 Wohnungen. Eine Zunahme gibt es bei den geförderten Wohnungseinheiten. Insgesamt jedoch sieht die Situation 2024 so aus, dass noch weniger Wohnungen als 2023 fertiggestellt werden. Das zeigt sich am Dahinsiechen der Baugenehmigungen, die mit 23 Prozent unter dem Vorjahresniveau liegen. Die Zinsen sind gestiegen, die Baupreise um 45 Prozent. Die Verlängerung der Mietpreisbremse ist fraglich. Wesentliche Ursachen sind in der Sanktionspolitik gegenüber Russland und den gestiegenen Rüstungskosten zu suchen.
Wilfried Schubert, Güstrow
Sonnenknecht und Putin-Troll
Zu jW vom 7./8.12.: »Alte Stärke«
Und ist es Ihnen schon aufgefallen? Die Tage werden immer kürzer und auch grauer noch dazu. Die düsteren Stunden häufen sich verdächtig. Das Licht dringt immer spärlicher durch die dunklen, schweren Wolken, und allgemeine Depression erfasst bleischwer das ganze Land. Eine sich verdichtende Finsternis versperrt uns immer mehr die Sicht, erschwert uns klare Orientierung sowie Durchblick und lässt Weitblick schon so gut wie gar nicht mehr aufkommen. Der Grund? Die Sonne liefert immer weniger Energie. Skrupellos nutzt sie ihre Sonderstellung aus und richtet ihre Monopolmacht gegen den Westen, unseren freien freiheitlichen Westen! Blind hatten wir ihr vertraut und sind dabei immer stärker in ihre Abhängigkeit geraten. Dabei hätten wir es doch schon viel früher merken können, ja, müssen. Denn von wo hat sie sich immer wieder still und regelmäßig angeschlichen, sich unserer Lichtung der Freiheit und des Friedens penetrant und heimlich genähert? Genau! Von Osten! Und wer regiert eiskalt und despotisch im dunklen Osten? Genau! Putin! Dass wir diese für uns fatale Verbindung nicht schon viel früher bemerkt, diese Gefahr für unser Land, diese Bedrohung unser aller Freiheit nicht schon längst erkannt haben, dafür kann es nur eine schlüssige Erklärung geben: KI = Kommunistische Infiltration. Höchste Gefahr und damit allerhöchste Zeit, dass wir uns aus dieser totalen Abhängigkeit endlich befreien und uns heilsuchend nach Westen wenden, what ever it takes, denn wir brauchen – wie ja auch schon Goethe einst feststellte – dringend »mehr Licht«.
Reinhard Hopp, Berlin
Man hat schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Hans-Jürgen T. aus Chemnitz (16. Dezember 2024 um 18:39 Uhr)16.12.2024, S.14, Sonnenknecht und Putin-Troll: Geil. Mir fehlt nur die Erwähnung Xi’s und des als Bollwerk querstehenden Sibiriens. Aber vermutlich war man mit mit dem Kriegsrecht in Südkorea wohl schon drauf aufmerksam geworden. Danke, Hans-Jürgen Thiele