Der Euro sackt ab
Von Lucas ZeiseDer Euro ist am Donnerstag, dem ersten Handelstag auch an den Devisenmärkten, bis auf 1,0225 Dollar gefallen. Das ist ein niedrigerer Wert als im ganzen Jahr zuvor. Zuletzt war die EU-Währung 2022 so weit abgerutscht – damals sogar kurzfristig unter die Parität mit dem Dollar. 2022 war jenes Jahr, als die EU in den für sie ökonomisch sehr unvorteilhaften, mit enorm gestiegenen Energiepreisen verbundenen Wirtschaftskrieg gegen Russland mit eingestiegen war. Aber die damalige Euro-Schwäche blieb eine Episode. 2023 und 2024 war das Verhältnis der beiden Währungen durchweg stabil – mit Euro-Kursen zwischen 1,05 und 1,12 Dollar.
Die Währungsanalysten und Beobachter der Finanzmärkte hatten schon geraume Zeit einen stärkeren Dollar erwartet. Aus zwei miteinander zusammenhängenden Gründen: Erstens sei die US-Wirtschaft dynamischer, ihr Wachstum höher als die der Euro-Zone und der übrigen europäischen Länder. Zweitens sei zu erwarten, dass das Zinsniveau in Europa schneller und auf ein tieferes Niveau sinken werde. Beide Faktoren würden die Nachfrage nach Dollar erhöhen und so dem Dollar Auftrieb verleihen. Tatsächlich gewann etwa ab September vorigen Jahres der Dollar an Stärke – nicht nur gegenüber dem Euro, sondern auch gegenüber vielen anderen Währungen. Die Ursache dafür war die größer werdende Wahrscheinlichkeit, dass Donald Trump die Präsidentschaftswahl gewinnen würde. Als das Anfang November tatsächlich eintrat, erhielten die US-Aktienmärkte – und damit in geringerem Maße auch der Dollar – noch einen Aufwärtsschub.
Erstaunlich ist ja, dass der Dollar immer noch so hoch bewertet wird. Denn das sehr hohe US-Leistungsbilanzdefizit gegenüber dem Rest der Welt von fast einer Billion Dollar jährlich führt am Devisenmarkt laufend zu einem entsprechend hohen Angebot an dieser Währung. Offensichtlich aber wird es durch eine entsprechend hohe Nachfrage der Kredit- und Kapitalgeber in aller Welt gut ausgeglichen. Um das Außenhandelsdefizit der USA gegenüber der EU zu mindern, hat der künftige Präsident den Europäern dringend empfohlen, künftig großflächig »unser Öl und LNG-Gas« zu kaufen. Und die rührige Kommissionspräsidentin der EU, von der Leyen, war, wie sie verbreiten ließ, gern bereit dazu.
In diesem Punkt hat Trumps Vorgänger Biden bereits effektiv gehandelt. Nachdem der Wirtschaftskrieg gegen Russland in Szene gesetzt wurde, importiert die EU heute bereits 48 Prozent des teuren Flüssiggases aus den USA. Noch mehr Energieexporte können dem Dollar kaum noch weiteren Auftrieb verleihen. Trumps Programm, die heimischen alten Industrien wie Stahl, Autobau und Chemie mit hohen Zöllen zu schützen, könnte tatsächlich die Einfuhren in die USA mindern und damit den Dollar stärker machen. Andererseits fördert eine starke Währung alle anderen Importe und ärgert nicht nur die heimischen Verbraucher, sondern auch die US-Kapitalisten, deren exorbitante Gewinne in Asien, Europa und Amerika in Dollar übersetzt weniger wert sind. Schließlich ist Herrn Trumps dringende Empfehlung an Westeuropa, weiter kräftig aufzurüsten und dabei viel Hardware aus den USA zu kaufen, nur in der Art des Vortrags eindrücklicher als im Biden-Regime.
So gesehen wundert man sich, dass der Euro erst jetzt abschmiert.
Unser Autor ist Finanzjournalist und Publizist. Er lebt in Aachen.
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