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Aus: Ausgabe vom 09.01.2025, Seite 6 / Ausland
Marokko-Gate

Geld stinkt nicht

EU-Skandal: Urheber sehen sich zu Unrecht verfolgt – obwohl sie in flagranti erwischt wurden
Von Jörg Tiedjen
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Eva Kaili wurde rasch wieder freigelassen und bestreitet alle Vorwürfe (Brüssel, 14.4.2023)

Die Korruptionsaffäre, die vor zwei Jahren zum Jahreswechsel die Europäische Union erschütterte, ist noch nicht vorbei. Beteiligte wie insbesondere die ehemalige Vizepräsidentin des EU-Parlaments Eva Kaili sehen sich zu Unrecht verfolgt und haben daher beim Berufungsgericht in Brüssel Klage eingereicht. Dazu fand am Dienstag eine Anhörung statt. Denn die Ermittlungen waren 2022 erst richtig in Schwung geraten, nachdem die Strafverfolger in Räumlichkeiten Kailis eingedrungen waren und dort große Mengen Bargeld vorgefunden hatten. Darauf schwärmten sie aus und machten ein ganzes Netzwerk korrupter Politiker um den italienischen »Sozialisten« Antonio Panzeri dingfest. Doch Kaili ist der Meinung, dass sie aufgrund ihres Amtes Immunität genoss und ihre Wohnung gar nicht hätte durchsucht werden dürfen. Damit seien auch alle daran anschließenden Maßnahmen illegal. Wie der Sender RTBF am Dienstag zusammenfasste, will das Brüsseler Gericht bis Ende April erst einmal abschließend festlegen, wer alles in dem Fall betroffen und vorzuladen ist.

In der Berichterstattung firmierte der Skandal zumeist unter dem Schlagwort Katar-Gate. Offensichtlich hatte das Golfemirat im Vorfeld der Fußball-WM 2023 versucht, mit Hilfe Kailis im EU-Parlament sein Image aufzubessern. Allerdings geht es nicht zuerst um Katar. Doha hatte nur Verbindungen genutzt, die zuvor schon Marokko geknüpft hatte. Das nordafrikanische Königreich hatte dabei vor allem zwei Interessen. Einerseits ging es darum, die Besetzung der Westsahara zu rechtfertigen. Zweitens wollte Rabat anscheinend kontrollieren, wie die Untersuchungen zu einem weiteren Skandal verliefen, nämlich der Affäre um die israelische Spionagesoftware »Pegasus«. Nach Erkenntnissen unter anderem von Amnesty International (AI) soll die Software vom marokkanischen Geheimdienst auch dazu genutzt worden sein, Spitzenpolitiker in EU-Ländern zu überwachen. Zu ihnen zählten Mitglieder der Regierungen Frankreichs, Belgiens und Spaniens. Marokko streitet bis heute jede Verwicklung ab, hat aber vergeblich versucht, anderslautende Berichte auf dem Gerichtsweg zu untersagen.

Im eigenen Land hingegen kann Rabat problemlos Maulkörbe austeilen. Vergangene Woche schrieb der marokkanische Journalist Soulaiman Raissouni einen offenen Brief an die spanische Internetzeitung El Independiente, in dem er auf eine gegen ihn und weitere Medienschaffende gerichtete Diffamierungskampagne hinweist. Sie sei noch einmal verstärkt worden, seit er in dem Prozess in Brüssel angehört werden soll. Raissouni, der ebenfalls mit »Pegasus« abgehört wurde, war Chefredakteur der unabhängigen Tageszeitung Akhbar Al-Yaoum. Vor vier Jahren wurde er als angeblicher Vergewaltiger hinter Gitter gebracht. Organisationen wie AI oder Human Rights Watch schätzen die Vorwürfe als erfunden ein. Im Sommer wurde Raissouni dann von König Mohammed VI. begnadigt. Jetzt würden die alten Lügen jedoch wieder in regimetreuen Medien aufgetischt. Zugleich betont Raissouni, dass er weiter juristisch gegen die Verleumder vorgehen werde.

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