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Aus: Ausgabe vom 09.01.2025, Seite 16 / Sport
Sportbuch

Wer rastet, der rostet

Der Langstreckenläufer als Arzt: Lutz Aderholds Buch »Klartext Gesundheit«
Von Andreas Müller
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Die Einsamkeit der Langstreckenläufer im Berliner Tiergarten zur Winterzeit

Wenn ein passionierter Langstreckenläufer nach einem fast 45jährigen Berufsleben als Mediziner im Alter von 72 Jahren ein Gesundheitsbuch vorlegt, dann darf der Leser ein Werk erwarten, in das der Autor seine beruflichen Erkenntnisse und Lebenserfahrungen einbringt. Schon mit der Unterzeile »Ernährung – Bewegung – Entspannung – Denken« verdeutlicht Aderhold, dass es ihm nicht um einseitige, vereinfachte und verkürzte Betrachtungsweisen geht. Vielmehr will er dem Publikum einen »Wegweiser« nach eben diesen vier elementaren Seiten hin an die Hand geben.

Seine Rundumsicht verknüpft der Autor mit dem Bestreben, beim Leser ein Gespür für den besonderen Wert von Gesundheitsvorsorge zu wecken. »Gesundheit zu erhalten ist einfacher, als Gesundheit zurückzugewinnen«, lautet ein Axiom. Hauptursachen für die meisten gesundheitlichen Probleme seien eine ungesunde Lebensweise, zu wenig Bewegung, falsche Ernährung und zu viel Stress. Der zweifache Großvater, der 1994 im Team Weltmeister im 100-Kilometer-Lauf wurde und diese Strecke schon einmal in 6.46 Stunden bewältigte, der Marathons von »Halb« bis »Ultra« absolvierte und dafür wöchentlich um die 240 Kilometer lief, verweist auf die Wurzeln seines Ansatzes. Er habe lediglich Gedanken aufgegriffen, wie sie schon der griechische Arzt Hippokrates vor zirka 2.400 Jahren äußerte: »Wenn wir jedem Individuum das richtige Maß an Nahrung und Bewegung zukommen lassen könnten, hätten wir den sichersten Weg zur Gesundheit gefunden.«

Folgerichtig nehmen Ernährung, Bewegung und Sport bei Lutz Aderhold einen breiten Raum ein. »Wer rastet, der rostet«, heißt sein Axiom für körperliche wie geistige Regsamkeit. »Es ist nie zu spät für den Anfang«, lautet ein weiteres. »Die sicherste, natürlichste und effektivste Heilmethode für nahezu sämtliche Krankheiten, die wir kennen, ist Bewegung, dabei hat Ausdauertraining in der Prävention den größten gesundheitserhaltenden Effekt«, schreibt der Autor und geht als passionierter Läufer buchstäblich mit gutem Beispiel voran. Ganze Abschnitte dieses Werkes habe er »beim Laufen entwickelt«. Er veranschaulicht das Für und Wider sportlichen Tuns mit seinen Wirkungen auf die Körperfunktionen. Er differenziert, indem er seine Expertise individuell an Frauen, Männer, Senioren, Heranwachsende und »Einsteiger« adressiert. Dabei wird der ewige Kampf zwischen Motivation und »innerem Schweinehund« ebensowenig vergessen wie Ratschläge des Experten zum richtigen Aufwärmen bis zur optimalen Nachbereitung von Übungseinheiten sowie vom Wert sportmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen.

Wer sich bewegt, muss regenerieren. Ganz selbstverständlich fügen sich jene Kapitel an, die von der anschließenden Entspannung handeln sowie vom »Denken, Fühlen, Handeln«. Diese »Dreieinigkeit« ist der rote Faden. Im Schlusskapitel geht es dann um Impfungen, Anti-Aging, »Alternativmedizin«, Burnout sowie Wege zur psychischen Heilung. Diesen rund 50 Seiten hat der Autor, beruflich mehr als vier Jahrzehnte Dentist und Spezialist für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie an der Universitätsklinik sowie in der eigenen Praxis in Frankfurt am Main, einige Bemerkungen wie diese vorangestellt: »Die Medizin ist ein Milliardengeschäft und keine Wohltätigkeitsveranstaltung. Alle Beteiligten verteidigen ihren Anteil mit ›Zähnen und Klauen‹. Der betroffene Patient spielt dabei keine Rolle. Diagnostik und Therapie orientieren sich eher am finanziellen Erlös und nicht daran, was medizinisch unbedingt sinnvoll wäre.«

Zu verteilen gibt es genug. Im Coronajahr 2022 erreichten die Gesundheitsausgaben mit 497,7 Milliarden Euro einen neuen Höchststand. Pro Einwohner seien das 5.939 Euro. Die Bundesrepublik habe pro Kopf das teuerste Gesundheitssystem in Europa, die durchschnittliche Lebenserwartung liege aber nur sechs Monate über dem EU-Durchschnitt. »Wir müssen weg von der Reparatur- und Medikamentenmedizin hin zur Präventionsmedizin.«

Lutz Aderhold: Klartext Gesundheit. Ernährung – Bewegung – Entspannung – Denken. Die besten Strategien für mehr Gesundheit, Energie und Wohlbefinden. Vopelius-Verlag, ­Jena 2024, 284 Seiten, 18 Euro

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (8. Januar 2025 um 21:00 Uhr)
    Vollkommen zutreffend ist der Ansatz: »Wir müssen weg von der Reparatur- und Medikamentenmedizin.« In der chinesischen Kaiserzeit wurden Ärzte dafür honoriert, dass das Volk gesund blieb. Ein ähnliches Modell einer »Präventionsmedizin« wäre auch bei uns sinnvoller, um die Gesellschaft zu entlasten, anstatt den aktuellen, belastenden Zuständen weiter nachzugeben. Zudem möchte ich betonen, dass Sport eher eine Folge von Gesundheit ist – und nicht deren Ursache. Als Gegenbeispiele lassen sich die Lebenswege zweier bekannter Antisportlerpersönlichkeiten anführen: Winston Churchill und Helmut Schmidt.

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