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Aus: Ausgabe vom 10.01.2025, Seite 1 / Titel
Tschad

Exkolonie unter Druck

Tschad: Präsidentenpalast mit Messern und Macheten angegriffen. Afrikanische Länder empört über Frankreichs Staatschef Macron
Von Jörg Kronauer
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Tschads Staatschef Déby Itno galt bisher als enger Verbündeter Frankreichs (Paris, 4.10.2024)

Im Tschad ist am Mittwoch abend ein bewaffneter Angriff auf den Präsidentenpalast in der Hauptstadt N’Djamena abgewehrt worden. Einsatzkräfte vereitelten den Versuch einer Gruppe von 24 Männern, das Gebäude zu stürmen. Dabei kamen 18 Angreifer und ein Mitglied der Präsidentengarde zu Tode. Nach Angaben der Regierung war die Lage innerhalb kürzester Zeit wieder vollständig unter Kontrolle. Der Angriff erfolgte nur wenige Stunden nach einem Gespräch von Präsident Mahamat Idriss Déby Itno mit Chinas Außenminister Wang Yi, der zur Zeit seine traditionelle Afrikareise zu Jahresbeginn nach westlichem Kalender durchführt.

Nach wie vor unklar sind die Motive der Angreifer. Die Frage ist auch deshalb von Bedeutung, weil Frankreich im Dezember begonnen hat, seine Truppen aus dem Tschad abzuziehen, nachdem N’Djamena Ende November die Militärkooperation mit Paris aufgekündigt hatte. In der französischen Hauptstadt war spekuliert worden, die repressiv herrschende Regierung Tschads könne sich ohne französischen Schutz gegen die Opposition womöglich nicht behaupten. Allerdings deutet bislang nichts auf einen Zusammenhang zwischen dem Angriff und dem Abzug hin.

Auch Berichte, es habe sich um einen Angriff der Dschihadistenmiliz Boko Haram gehandelt, bestätigten sich nicht – unter anderem, da die Angreifer laut Regierungsstellen keine Schusswaffen, sondern nur Messer und Macheten mit sich geführt hätten. Am Donnerstag hieß es, sie seien wohl aus einem verarmten Viertel im Süden der Hauptstadt gekommen, in dem der Oppositionspolitiker Succès Masra eine starke Anhängerschaft hat. Er hatte die jüngsten Parlamentswahlen am 29. Dezember 2024 boykottiert, verwahrt sich allerdings gegen jegliche Spekulation, die Opposition könne bei dem Angriff irgendwie ihre Finger im Spiel gehabt haben. Die Behörden waren am Donnerstag weiterhin bemüht, den Vorfall aufzuklären.

Unterdessen verschärfen Äußerungen, die Präsident Emmanuel Macron zu Wochenbeginn auf der jährlichen Pariser Botschafterkonferenz tätigte, die Spannungen zwischen Frankreich und diversen afrikanischen Staaten. Macron hatte mit Blick auf den – komplett gescheiterten – französischen Militäreinsatz im Sahel erklärt, die afrikanischen Regierungen hätten »vergessen, sich bei uns zu bedanken«. Tschads Außenminister Abderaman Koulamallah urteilte, aus Macrons Stellungnahme spreche eine »verächtliche Haltung gegenüber Afrika und Afrikanern«.

Senegals Premierminister Ousmane Sonko wiederum verwahrte sich gegen Macrons Behauptung, der Abzug der französischen Truppen aus Westafrika sei mit den dortigen Regierungen »ausgehandelt« worden. Sonko bekräftigte, das treffe nicht zu: Es habe sich um vollständig souveräne Entscheidungen der afrikanischen Seite gehandelt. Die Feststellung ist keine Marginalie, da eine steigende Zahl ehemaliger französischer Kolonien gerade dabei ist, ihre Souveränität gegen jahrzehntelange Oktrois aus Paris durchzusetzen.

Auf der Botschafterkonferenz hatte Macron nicht zuletzt bekräftigt, Paris werde in Zukunft seine Afrikapolitik in hohem Maß auf den alten Verbündeten Marokko stützen. Er verband das mit heftigen Invektiven gegen Algerien. Marokko ist der einzige Staat Afrikas, der – in der Westsahara – eine Kolonialherrschaft über ein anderes Land des Kontinents aufrechterhält.

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