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Aus: Ausgabe vom 14.01.2025, Seite 7 / Ausland
Österreich

FPÖ und ÖVP schon einig

Österreich: Kaum haben die Koalitionsverhandlungen begonnen, präsentieren die beiden rechten Parteien einen Haushaltsplan
Von Dieter Reinisch, Wien
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Leider ohne Wirkung: Antifaschistischer Protest am vergangenen Donnerstag in Wien

Das ging schnell: Schon am Montag gaben FPÖ und ÖVP eine Einigung zum Staatshaushalt bekannt. Dabei hatte es erst am Donnerstag erste Gespräche von Vertretern der beiden rechtskonservativen bis ultrarechten Parteien gegeben. So dürfte von den Medienvertretern, die am Vormittag aufgrund einer von der Agentur APA verbreiteten Ankündigung zum ersten gemeinsamen Pressetermin der beiden Parteien erschienen, kaum jemand geahnt haben, dass bereits große Fortschritte in den noch jungen Verhandlungen verkündet werden. Doch der Budgetfahrplan sei beschlossen, hieß es: mit Einsparungen, um ein drohendes EU-Defizitverfahren im letzten Moment abzuwenden.

Zu einem solchen könnte es aufgrund der hohen Staatsverschuldung bei gleichzeitig schwächelnder Wirtschaft schon in den kommenden beiden Wochen kommen. Die Ansage zeigt: Eine neue Rechtsregierung könnte sehr bald vereidigt werden, und in der ÖVP hat sich der Industriellenflügel durchgesetzt. Die FPÖ wiederum legt in Umfragen weiter zu: um drei Punkte auf 39 Prozent im Vergleich zum Dezember, wie eine am Donnerstag von der Tageszeitung Österreich veröffentlichte Umfrage zeigt.

Vorrangiges Ziel sei es, das EU-Verfahren zu vermeiden, verkündete ­FPÖ-Chef Herbert Kickl auf der Pressekonferenz in Wien mit ÖVP-Obmann Christian Stocker. In diesem Jahr sollen dazu 6,3 Milliarden Euro eingespart werden – und das »ohne neue Steuern«, wie Kickl betonte. Dies soll unter anderem durch Einsparungen in den Ministerien, das Stopfen von Steuerschlupflöchern und Kürzungen bei Förderungen gelingen. Konkreter wurden die beiden Verhandlungspartner nicht. Laut Stocker werde Österreich beim Haushaltsdefizit wieder unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen und somit die EU-Kriterien einhalten. Ihm zufolge planen FPÖ und ÖVP, das Budget im Verlauf der kommenden sieben Jahre zu sanieren. Einen entsprechenden Plan mit einer Absichtserklärung würden er und Kickl unterzeichnen und nach Brüssel schicken. Das sei durch die Vorarbeiten in den gescheiterten Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos so schnell möglich, betonte er.

Weitere Details werden ab Donnerstag bekanntgegeben, denn die beiden Parteien wollen noch Gespräche mit der EU-Kommission abwarten, so der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Arnold Schiefer, der neben ÖVP-Klubobmann August Wöginger ebenfalls an der Pressekonferenz teilnahm. Wöginger lobte die »konstruktiven Verhandlungen«. Leistung müsse sich lohnen, das sei das Prinzip im Gespräch zwischen ÖVP und FPÖ gewesen. Stockers Erwähnung der »Vorarbeit« in den gescheiterten Verhandlungen um eine Dreierkoalition könnte darauf hindeuten, dass die in der vergangenen Woche veröffentlichten Pläne, gegenüber denen sich in den gescheiterten Dreierverhandlungen die SPÖ quergestellt hatte, nun umgesetzt werden. Diese beinhalteten das Einfrieren von Pensionen, den Wegfall jedes Lohnausgleichs bei Beamten und Lehrern über mehrere Jahre, eine Anhebung des Pensionsalters auf 67 Jahre und die Kürzung des Gesundheitsbudgets um 20 Prozent.

Es ist wohl nicht zufällig, dass die Sparpläne so rasch verkündet wurden: Am Montag befand sich Übergangskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) auf Antrittsbesuch in Brüssel. Er hatte vergangene Woche die Posten des ÖVP- und des provisorischen Regierungschefs von Karl Nehammer übernommen, der nach dem Scheitern der Gespräche mit SPÖ und liberalen Neos das Handtuch geworfen hatte. Der bisherige Außenminister Schallenberg hatte bereits vor Nehammer das Amt des Übergangskanzlers inne, nachdem Ex-ÖVP-Chef und -Kanzler Sebastian Kurz seine Ämter niedergelegt hatte.

Schallenberg traf sich laut APA mit EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola, danach wurde er von der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas erwartet. Vor der Rückkehr nach Wien gab es einen Austausch mit EU-Ratspräsident António Costa. »Meine Botschaft ist klar: Österreich ist und bleibt ein starker, verlässlicher und konstruktiver Partner in der EU«, hatte Schallenberg vor seinem Antrittsbesuch hervorgehoben. Er hatte am Sonnabend bereits mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen telefoniert. Außen- und sicherheitspolitisch könne sich Brüssel »auch weiterhin voll auf Österreich verlassen«.

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