Scharfe Pizza, blutige Knie
Von Gabriele Damtew![imago1057498746.jpg](/img/450/204221.jpg)
Es gebe wenig, was mehr Spaß mache, so Chris Löwe, seines Zeichens deutscher Meister mit Borussia Dortmund 2012, Aufsteiger in die Premier League mit Huddersfield Town, Exkapitän von Kaiserslautern und seit 2024 Sportdirektor des Chemnitzer FC. Seine Aussage bezog sich allerdings darauf, Hallenfußball zu spielen, und das kurze Leuchten der Erinnerung in seinen Augen erhellte für einen Moment die ausverkaufte Stadthalle zu Zwickau, wo sich zum 20. Mal das Hallenmasters jährte. Und wirklich gibt es kaum etwas Schöneres. Fast 4.000 fußballhungrige Seelen wollten diese Mischung aus Ballgefühl, Intuition, Schnelligkeit und nicht zuletzt Glück verpassen. Denn die Bande spielt mal für, mal gegen dich. Ein Aus gibt es nicht. Tore dafür en masse. Fließende Wechsel geben dem Ganzen Dynamik im hurtigen Fünf-gegen-Fünf über zweimal neun Minuten. Ältere Spielersemester sind da eher außen vor, die Jugend kann sich beweisen, aufgeschürfte Knie inklusive.
Sechs Teams aus dem Osten, mit Jena, Chemnitz, Plauen und Titelverteidiger Zwickau vier aus der Regionalliga Nordost, kämpften am vergangenen Sonnabend um den Gerd-Schädlich-Pokal. Der allein ist Motivation genug, wurde doch der namensgebende legendäre sächsische Trainer (er verstarb 2022) professionell sowie menschlich gleichermaßen von Freund und Feind respektiert bzw. verehrt.
Das Turnier startet kurios. Die zweite Ballberührung von Jena ist eine Rückgabe zum Torhüter, der rechts vom Kasten eigentlich mitspielen wollte – Eigentor zum 1:0 für den Dresdner SC. Das spornt die Underdogs an. Sie gehen immer wieder in Führung, dann holt Jena auf. Das 5:5 in letzter Sekunde ist eine coole Chose für den zwei Ligen weiter unten angesiedelten Landesligisten. Ein Vorgeschmack auf die Unwägbarkeiten von Hallenfußball. Die Favoriten sind jetzt gewarnt. Die Westsachsenauswahl, eine zusammengewürfelte Truppe aus engagierten nativen Spielern mit Reichweite bis nach Liechtenstein, schlägt sich tapfer, scheidet nach verlorenen Duellen gegen Chemnitz (1:3) und Plauen (0:1) aber denkbar knapp aus (die Ostgoten hatten dagegen kein Team zusammenbekommen).
Im ersten Halbfinale kommt der Gastgeber gegen das starke Team aus Plauen erst spät zum 5:4-Sieg. Der Chemnitzer FC muss gar gegen Dresden ins Neunmeterschießen. Der entscheidende Schuss für Dresden im Stechen peitscht nur die Latte. Das Traumfinale zwischen Zwickau und Chemnitz ist perfekt. Erwartungsgemäß geht es bei den Ligarivalen voll zur Sache. Krasser Einsatz, Halten, Foulen, Kopfnüsse, rote Karten und Zweiminutenstrafe. Die letzten Minuten spielt der FSV in Überzahl: vier gegen zwei. Zwickau gewinnt das enge Match mit 4:3 und verteidigt den Pokal. Timon Weigel vom Dresdner SC bekommt die Torjägerkanone, was einige Scouts sicher mitgeschrieben haben. Am Ende haben sich alle wieder lieb, denn auch für die Verlierer gibt es zu blutigen Knien scharfe Pizza und Bier. Gerd Schädlich hätte seine helle Freude gehabt, aber natürlich niemals gezeigt.
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