Meinungsmacher des Tages: Tik Tok
Von Niki Uhlmann![8_portrait.JPG](/img/450/204280.jpg)
Das Urteil ist da. Dem Supreme Court in den USA ist Tik Tok entweder zu mächtig oder der durchschnittliche Ami zu schwachsinnig. Bytedance, Mutterkonzern des sozialen Mediums, muss sich jedenfalls von seinem Geschäft in den Staaten trennen. Geklagt hatte er gegen PAFCA, den Protecting Americans from Foreign Adversary Controlled Applications Act, der die unmündigen US-Staatsbürger samt ihren Daten vor ausländischen Einflüssen schützen soll.
Die kurzweiligen Hochkantvideos bei Tik Tok sind berauschend. Längst haben sie X als Informationsquelle abgehängt. Das dürfte Elon Musk, der X, ehemals Twitter, erstanden hat, um sich durch Selbstbeweihräucherung mit Zweit- und Drittaccounts sowie Zensur seiner Kritiker als Donald Trumps rechte Hand ins Weiße Haus zu katapultieren, schmerzlich kränken. Um so glücklicher dürfte er sich schätzen, dass Bytedance nun, wie es heißt, erwägt, ihm Tik Tok zu verkaufen.
»Niemand kann erwarten, dass wir pure Fiktion kommentieren«, kommentierte Tik-Tok-Sprecher Michael Hughes die angeblich pure Fiktion bei der BBC. Bytedance wäre schön blöd, seinen äußerst einträglichen Empfehlungsalgorithmus nicht bis zum letzten Pfennig zu melken, und sei es durch einen alternativlosen Verkauf an den Kryptofaschisten Musk. Der wäre immerhin ein geeigneter Nachfolger, hat er doch bewiesen, dass er mittels algorithmischer Anpassungen ein einst angesehenes Medium zum Sprachrohr des globalen Rechtsrucks umfunktionieren und so seinen Einfluss geltend machen kann.
Die Nutzer haben wie so oft in der Konkurrenzgesellschaft die Wahl zwischen Pest und Cholera – und Musk die Ruinierung von Twitter offenbar noch nicht verziehen. Als das Gerücht vom Verkauf die Runde machte, strömten sie massenweise zum chinesischen Medium Red Note, das in US-App-Stores Aufwind hat. Vielleicht schmeckt der chinesische Stiefel einfach besser als der vom Yankee.
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vom 15.01.2025