Ein Schweinchen namens Profit
Von Sebastian EdingerDer Druck auf Deutschlands Bauernhöfe nimmt immer weiter zu: Während die Bundesregierung Subventionen streicht und Spekulanten die Preise für Ackerland in die Höhe treiben, fließen die EU-Milliarden weiterhin zu 80 Prozent an die großen Agrarkonzerne. Kleine Höfe und Familienbetriebe geraten unter die Räder, jährlich müssen rund 3.000 Betriebe ihre Tore für immer schließen. Schluss mit der »Wachse oder weiche«-Politik lautet daher eine der zentralen Forderungen des »Wir haben es satt«-Bündnisses, das für Samstag bereits zum 15. Mal zur Demo in Berlin aufruft.
Doch die großen Agrarlobbys verstehen es, jeglichen Ansatz der seit Jahren geforderten sozial-ökologischen Agrarwende im Keim zu ersticken – von deutschen Vorgaben zum Schutz der Artenvielfalt bis zu EU-Überlegungen, die Subventionen aus Brüssel stärker an gesellschaftliche Beiträge wie Klimaschutzmaßnahmen zu koppeln. Dem Sterben der Kleinen stehen weiterhin steigende Profite der Großen gegenüber. Um acht bis zehn Prozent sind die Gewinne des Agrobusiness in den vergangenen Jahren gestiegen. Immer mehr Flächen verleiben sie sich ein. So bewirtschafteten deutsche Agrarbetriebe 2023 durchschnittlich 66 Hektar, zur Jahrtausendwende waren es noch 37.
»Es kann nicht sein, dass die Politik weiter dem Druck der Agrarlobby nachgibt und rückwärtsgewandte Partikularinteressen durchsetzt, die unsere Lebensgrundlagen gefährden, statt dem Gemeinwohl Vorrang zu geben«, erklärte Martin Kaiser, Mitorganisator des Aktionstags und geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland am Freitag. Um den großen Einfluss der Agrarkonzerne auf die Landwirtschaftspolitik zu thematisieren, wird der Protestmarsch am »Sitz von Verbänden der Agrarindustrie, von Handelsriesen und global agierenden Agrarinvestoren, die politisch bevorzugt werden« vorbeiführen, heißt es im Aufruf.
Doch es sind nicht nur die großen Agrarkonzerne und ihre Lobbys, die den Kleinbauern das Leben immer schwerer machen. Wie groß der Druck auf die Höfe durch Bodenspekulation mittlerweile ist, zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie von »Finanzwende Research«. Demnach sind die Kaufpreise für Agrarland in der BRD in den vergangenen 20 Jahren um 191 Prozent gestiegen. Ostdeutschland ist besonders stark betroffen: In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg betrugen die Zuwächse über 400 Prozent.
Aufgezeigt wird in der Analyse etwa, dass immer mehr branchenfremde Investoren Agrarland als »sichere und renditeträchtige Wertanlage« betrachten, mit ihren Spekulationsgeschäften die Preise nach oben treiben und das nutzbare Land verknappen. Sogenannte Share Deals ermöglichten es, das Land steuerfrei zu erwerben und dabei sowohl die Genehmigungspflicht als auch das Vorkaufsrecht für Landwirte zu umgehen. Die Autoren plädieren daher für eine Einschränkung solcher Share Deals »bis hin zum Verbot«. Außerdem sollte die Mittelvergabe der EU so reformiert werden, dass die Auszahlung an »Agrarbetriebe in Hand fachfremder Investoren« begrenzt wird.
Kundgebung und Demo starten am Samstag um 12 Uhr vor dem Kanzleramt. Die traditionell an der Spitze des Demozuges plazierten Traktoren werden diesmal fehlen. Wegen der Maul- und Klauenseuche habe man sich »kurzfristig und schweren Herzens« gegen eine Treckerbegleitung entschieden, teilte die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft mit.
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