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Aus: Ausgabe vom 18.01.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Brandkatastrophe in Kalifornien

Feuersturm über L. A.

Kalifornien: Extreme Trockenheit und kräftige Winde schufen ideale Bedingungen für die rasche Ausbreitung der Brände
Von Wolfgang Pomrehn
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Vom Feuer zerstörte Häuser am Strand von Malibu, einem Nobelviertel von Los Angeles (16.1.2025)

In Los Angeles lassen die starken Winde nach, und die Feuerwehren haben Ende der Woche zumindest einen Teil der Brände unter Kontrolle gebracht. Mindestens 25 Tote sind zu beklagen, so der Sender NBC. Auf gut 160 Quadratkilometern haben die an verschiedenen Stellen ausgebrochenen Feuer in elf Tagen über 12.300 Gebäude sowie Farmland und Wälder zerstört. Zeitweise gab es mehr als zwölf Brandherde gleichzeitig. Die Kosten werden jetzt auf 250 bis 275 Milliarden US-Dollar (244 bis 267 Milliarden Euro) geschätzt. Die Feuer haben sich derart schnell ausgebreitet, dass die Straßen zum Teil durch im Stau verlassene Autos verstopft waren und Bulldozer Rettungsfahrzeugen den Weg bahnen mussten.

Was letztlich zum Ausbruch der Feuer geführt hat, ist noch unbekannt. Blitzschlag, in den USA die häufigste Ursache für Waldbrände, wurde von den Behörden ausgeschlossen. Brandstiftung scheint unwahrscheinlich, da der erste Brandherd in unwegsamem Gelände lag. Als mögliche Ursache wird unter anderem ein nicht ausreichend gelöschtes Feuer vom Neujahrstag genannt, dessen Glut durch die starken Winde wieder entfacht worden sein könnte. Im Falle der anderen Brandherde kommen als Ursache unter anderem Funkenschlag von Rasenmähern oder auch von elektrischen Leitungen infrage. Letzteres ist in den USA nach Blitzschlag und Brandstiftung die dritthäufigste Ursache von Wald- und Buschbränden. Gegen die örtliche Elektrizitätsgesellschaft wurden bereits mehrere Klagen eingereicht, berichtet die Plattform Carbon Brief.

Sicher ist auf jeden Fall, dass extreme Trockenheit und kräftige Winde ideale Bedingungen für die rasche Ausbreitung des Feuers geboten haben. Die sogenannten Santa-Ana-Winde, die zum Teil mit Windstärke 9 wehten, haben wie Brandbeschleuniger gewirkt. Windstärke 9 entspricht einem schweren Sturm. Die vergangene Woche beim Ausbruch der Brände aufgetretenen Winde waren in der Region die stärksten in mehr als einem Jahrzehnt, berichtet die Nachrichtenagentur AP.

Bei diesem Wetterphänomen handelt es sich um starke Föhnwinde, die mehrmals im Jahr aus den Bergen im Osten der Stadt herabwehen. Da die von ihnen mitgeführte Luft sehr warm ist und zugleich wenig Feuchtigkeit enthält, sorgen sie regelmäßig für große Trockenheit. Entsprechend treten die Wald- und Buschbrände in der Region meist im Zusammenhang mit ihnen auf. In den letzten Tagen waren die Winde zudem so stark, dass sie im weiteren Umland von Los Angeles zum Teil erhebliche Sturmschäden auf Plantagen für Zitrusfrüchte und Avocados anrichteten, wie der Sender ABC berichtet.

In den letzten Jahren haben Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit der sogenannten Zuordnungsforschung für verschiedene große Waldbrände auf mehreren Kontinenten zeigen können, dass diese durch den Klimawandel wahrscheinlicher geworden sind. Eine entsprechende Studie für das Feuer in Los Angeles gibt es bisher noch nicht, wird aber sicherlich in den nächsten Wochen erstellt werden. Es gibt allerdings eine vergangene Woche im Fachblatt Nature Reviews veröffentlichte Untersuchung, die in diesem Zusammenhang aufhorchen lässt: Demnach nehmen mit der globalen Erwärmung schnelle Wechsel zwischen extremer Trockenheit und Starkniederschlägen zu. Genau das hat sich in den letzten Jahren im Süden von Kalifornien, also in der Region um Los Angeles, mehrfach abgespielt und schafft zusammen mit den starken trockenen Winden ideale Bedingungen für die Wald- und Buschbrände.

Daniel Swain, Klimawissenschaftler an der University of California Los Angeles (UCLA) und Hauptautor der Studie, wies in einem Beitrag im Kurznachrichtendienst Bluesky darauf hin, dass es in der Küstenregion um Los Angeles historisch einen Zusammenhang zwischen überdurchschnittlich nassen Wintern und einer besonders aktiven Feuersaison gibt. Der Hintergrund ist, dass die Niederschläge für starkes Pflanzenwachstum sorgen, also für viel Brennmaterial, wenn die Santa-Ana-Winde Boden und Pflanzen austrocknen. Die Vegetation besteht nach Swains Angaben in der Küstenregion des südlichen Kaliforniens vor allem aus Gräsern und Gestrüpp.

Tatsächlich hat es nach Angaben der britischen Zeitung The Guardian in den Jahren 2023/24 in der regionalen winterlichen Regenzeit überdurchschnittlich viel Niederschläge gegeben, während es in den letzten Wochen ausgesprochen trocken blieb. Nur zwei Prozent des sonst zu dieser Zeit üblichen Niederschlags sind bisher gefallen, während die starken Föhnwinde die aus dem letzten Winter reichlich vorhandene Vegetation massiv ausgetrocknet haben. Auch die nächsten Wochen versprechen wenig Besserung. Die Vorhersagen des US-Wetterdienstes lassen bis zum Ende des Monats keinen Regen in der Region erwarten, zeigen aber nach wie vor günstige Bedingungen für mehr Santa-Ana-Winde. Zugleich weist der US-Dürremonitor, den die University of Nebraska in Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium in Washington erstellt, für die Gegend um Los Angeles und weiter südlich schon jetzt eine schwere Dürre aus. Von nachhaltiger Entspannung der Lage kann also noch lange keine Rede sein.

Kommentar: Immer auf die Kleinen

Verheerende Feuerstürme in Los Angeles, schwere Überschwemmungen in Großbritannien und schon wieder ein Tropensturm auf Madagaskar und Mayotte: Die Katastrophen reißen nicht ab, und der Klimawandel hat an manchen von ihnen einen zunehmenden Anteil. Und immer trifft es die ärmeren und ärmsten Bevölkerungsschichten am härtesten – sowohl auf Mayotte, wo viele jetzt ohne ihre Slumhütten dastehen, als auch in Los Angeles, wo sich ein Milliardär und Politiker wie Rick Caruso private Feuerwehrdienste leistet, nachdem seine Partei im Stadtrat den Etat der Feuerwehr zusammengestrichen hat. Caruso hat sein Geld mit Immobilien gemacht, gehört also zu jener Branche, die sich jetzt – die Asche ist noch nicht einmal erkaltet – auf die Grundstücke stürzt, deren Besitzer sich keinen Wiederaufbau leisten können. Die Geschichte wiederholt sich. Als auf der Insel Maui im August 2023 Hawaiis einstige Hauptstadt Lahaina abbrannte – auch dort war seinerzeit viel Behördenversagen im Spiel –, klagten die Bewohner darüber, schon Tage später von Immobilienkäufern bedrängt worden zu sein. 100 Menschen waren seinerzeit gestorben, weil nicht rechtzeitig vor den Walbränden gewarnt worden war. Heute lebt knapp die Hälfte der einstigen Bewohner nicht mehr in ihrer alten Stadt, und die Hälfte jener, die bleiben konnten, wohnt in Provisorien. Bis zur Katastrophe war Lahaina überwiegend von Hawaiianern bewohnt, die seit der Annexion ihrer Inseln durch die USA eher zu den ärmeren Bevölkerungsteilen gehören.

Und die werden mit den Folgen überwiegend allein gelassen – ein Verursacherprinzip kommt bisher nur selten zur Anwendung. Sowohl die Energiekonzerne als auch die Superreichen, die mit ihrem privaten Konsum besonders zur Klimakrise beitragen, werden für die vom Klimawandel verursachten Schäden nur in Ausnahmefällen zur Verantwortung gezogen. In den USA gibt es immerhin in zwei Bundesstaaten (New York und Vermont) Gesetze, mit denen Energiekonzerne bei derlei Katastrophen herangezogen werden können. In Kalifornien ist ein ähnliches Gesetz in Vorbereitung, trifft aber bisher auf massiven Widerstand der Öl- und Gaskonzerne.

Diesen steht beiderseits des Atlantiks die extreme Rechte zur Seite: Donald Trump, der am Montag als US-Präsident eingeschworen wird, gehört zu den Leugnern des Klimawandels und hat bereits massive Angriffe auf die Klimawissenschaften und den Ausbau der erneuerbaren Energieträger angekündigt. Hierzulande möchte die AfD gern alle Windräder abreißen und eine Industrie mit über 130.000 Arbeitsplätzen zerstören. Politik für kleine Leute sieht irgendwie anders aus. (wop)

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