Kriegspause auf Zeit
Von Wiebke DiehlTrotz des Widerstands ultrarechter Minister soll das Abkommen zwischen Israel und der Hamas nun doch am Sonntag in Kraft treten. »Nach Prüfung aller diplomatischen, sicherheitspolitischen und humanitären Aspekte und in der Erkenntnis, dass das vorgeschlagene Abkommen zur Erreichung der Kriegsziele beiträgt« habe das sogenannte Sicherheitskabinett der Regierung dessen Annahme empfohlen, so eine am Freitag mittag von Premierminister Benjamin Netanjahus Büro veröffentlichte Erklärung. Die Regierung werde »später heute zusammentreten«.
Damit das Abkommen wie geplant am Sonntag in Kraft treten kann, ist eine Zustimmung des gesamten Kabinetts nötig. Nach israelischem Recht kann gegen einen Beschluss zur Freilassung bestimmter palästinensischer Häftlinge bis zu 24 Stunden Einspruch eingelegt werden. Teil des Deals ist die Freilassung Hunderter palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen im Gegenzug für die Freilassung von im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln. Dass der Oberste Gerichtshof sich gegen den Beschluss der Regierung stellen wird, ist aber nicht zu erwarten.
Finanzminister Bezalel Smotrich und Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir, die damit gedroht hatten, die Regierung zu verlassen, votierten gegen das Abkommen. Anfang der Woche hatte Ben-Gvir öffentlich erklärt, im vergangenen Jahr wiederholt den Abschluss einer Vereinbarung zur Befreiung der Geiseln und zur Beendigung des Gazakriegs vereitelt zu haben. Damit bestätigte er Beschwerden von Geiselangehörigen, die Netanjahu seit langem vorwerfen, ein entsprechendes Abkommen zu verhindern, um seine Koalition zu erhalten. Nach Angaben des Nachrichtenportal Axios, das sich auf einen Mitarbeiter Netanjahus beruft, soll der Premier während der Sitzung des »Sicherheitskabinetts« erklärt haben, sowohl der noch amtierende US-Präsident Joe Biden als auch dessen Nachfolger Donald Trump hätten ihm garantiert, den Krieg mit US-Unterstützung wiederaufnehmen zu können, wenn die Verhandlungen über die zweite Phase des Abkommens scheitern und Israels »Sicherheitsforderungen« nicht erfüllt würden.
Aus Smotrichs Partei verlautbarte, Netanjahu habe zugesichert, den Krieg nach der 42tägigen Waffenruhe wiederaufzunehmen. Ben-Gvir hatte am Donnerstag in einer Pressekonferenz angekündigt, im Falle einer Billigung des Abkommens werde er zurücktreten und seine Partei die Koalition verlassen. Sofern die Kämpfe nach 42 Tagen wieder aufgenommen würden, sei man aber bereit, der Koalition erneut beizutreten. Im Vorfeld der Kabinettssitzung unterzeichnete Verteidigungsminister Israel Katz einen Befehl zur Freilassung aller israelischen Siedler, die sich wegen der Ausführung oder Planung von Terroranschlägen gegen Palästinenser in Administrativhaft befinden. Dies geschehe als »klare Botschaft der Stärkung und Ermutigung« für die Siedler, die »im Kampf gegen den palästinensischen Terrorismus« an »vorderster Front« stünden.
Im Zuge der Umsetzung des Abkommens sollen Verwundete aus dem Gazastreifen zur Behandlung ins Ausland gebracht und die Hilfslieferungen auf 600 Lastwagen pro Tag erhöht werden. Inzwischen ist die gesamte Bevölkerung der Küstenenklave von Hunger und Nahrungsmittelunsicherheit betroffen. In mehr als 15 Monaten Krieg sind bei israelischen Angriffen nach offiziellen Angaben über 46.000 Palästinenser getötet worden. Ein Großteil der Infrastruktur, UN-Statistiken zufolge neun von zehn Häusern und nahezu alle Schulgebäude, wurden zerstört oder beschädigt. 90 Prozent der Bevölkerung mussten fliehen. Der Internationale Gerichtshof prüft Vorwürfe des Völkermords.
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