Gegründet 1947 Sa. / So., 18. / 19. Januar 2025, Nr. 15
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Aus: Ausgabe vom 18.01.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Folgenreiches Urteil

Zu jW vom 15.1.: »Fußball wird Risiko«

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch Organisationen oder Einzelpersonen, die eine Demonstration anmelden wollen, anschließend für Polizeieinsätze gegen die eigene Demo zahlen sollen – mit Hinweis darauf, das sei ja im Fall von Fußballhooligans »genauso«. Zwar sind ein Fußballspiel und eine Demonstration zwei sehr verschiedene Dinge. Aber es wird mit Sicherheit versucht werden, eine solche Praxis einzuführen und durchzusetzen.

Hans Christoph Stoodt, Frankfurt am Main

Frohes 2778 Ab Urbe Condita

Zu jW vom 4./5.1.: »Helle Gegenwart«

Mein genauso linker Nachbar und ich haben an Silvester beschlossen, die sozialistische Vision von Max Winter trotz Mängeln mit Richard Fröhlich, dem Protagonisten, zu retten, weil wir mit Sekt angestoßen haben auf das Jahr 1854. Da bleibt noch Zeit bis 2025! Unsere Zeitrechnung beginnt vor 1.500 Jahren, als ein Schüler der Didaskaleionschule in Alexandria, die das ptolemäische Weltbild einer stinkenden Käsescheibe unter der Glocke des Himmelsgewölbes lehrte, verkündete, nun sei 525 nach unserer Zeitrechnung. Dieser Furius Dionysios Exiguus Philocalus wurde 300 Jahre später von Papst Gregor IV. korrigiert, weil Schulklassen seitdem deklamierten: Sieben, fünf, drei – Rom schlüpft aus dem Ei! Ohne rückwärts zu zählen, wurde 754 Ab Urbe Condita zum ersten Jahr definiert. Nun aber lebte Furius Philocalus bereits 354! Einfach 314 zu 143 verbessern, dem Jahr der Moles Hadriani, Hadrianmausoleum oder Engelsburg in Rom, geht gut. Doch 837 in 666 verwandeln? Nö. Also machte man Doppelereignisse, Zeit wurde verdoppelt und aus 130 Jahren 300 Jahre. So datieren Archäologen Funde des frühen Mittelalters dendrochronologisch korrekt, aber die geschriebene Geschichte läuft bis zu 180 Jahre später. Beispiel: 251 und 378 töteten die Goten bei Edirne zum ersten Mal den Cäsar Decius/Valens, 267 wurde die letzte römische Münze am Hochrhein verloren, die Kastelle sollen aber bis 401 durchgehalten haben usw. Gregor X. hat 1582 dies mit seiner Kalenderreform (durch 400 teilbare ­Jahrhunderte haben ein Schaltjahr) indirekt bestätigt: 1500, 1400, 1300, 1100, 1000, 900, 700, 600, 500, sowie 100 wurden um zehn Tage verkürzt, nur nicht 200 und 300, weil sie nicht existierten. Der Komet Halley kehrt alle 76 Jahre wieder, bis 314/143, dann 67, -10, -86, -162 v. Chr., eben nicht nach 19, 95 oder 171 Jahren. Der präzise Mayakalender weicht 208 Jahre ab laut den Astronomen Fuls und Wells. Ob auch am Zeitparadigma gezweifelt werden darf?

Dietmar Dieckmann, Konstanz

Eine Welt zum Frühstück

Zu jW vom 11./12.1.: »Weshalb junge Welt für den Erhalt der gedruckten Tageszeitung kämpft«

Ohne meine junge Welt zum Frühstück, in der einen Hand die Kaffeetasse, in der anderen die Zeitung, wäre es gar kein richtiges Frühstück! Digitales Lesen passt da gar nicht. Also viel Erfolg beim Kampf für eine gedruckte Zeitung. Ich habe mein Normalabo zum 1. Februar in ein Soliabo umgewandelt. – Vielen Dank auch an den Zusteller oder die Zustellerin, er oder sie steht ja noch früher auf als ich.

S. Pauligk, Berlin

Das wirkliche Menschsein

Wenn unter allen interessanten Beiträgen der RLK einer vielleicht hervorzuheben ist, so könnte es der von Dietmar Dath sein. Es war nicht ganz leicht, dem Vortrag zu folgen. Zum einen verlangt es einiges an Verständnis der Thematik und Ausdrucksformen des Vortragenden. Zum anderen verschlang die Geräuschkulisse hier und da einige Sätze, so dass es großer Aufmerksamkeit bedurfte, um die Zusammenhänge herzustellen. Es lässt sich aber einiges im nachhinein lesen und hören. Für uns, die wir bei Kaffee und Kuchen im »Café K« den Vortrag auf der Leinwand verfolgten, war es dennoch eine ausgesprochen interessante Sache. Interessant allein deshalb, unmittelbar mit voll besetzten Tischen und Bänken dabei zu sein, zu registrieren, wie junge und ältere Zuhörer mit Aufmerksamkeit und offenbar auch großem Verständnis die Ausführungen u. a. zum Thema KI verfolgt haben, mehrfach auch zustimmend den Kopf bewegten, sich miteinander austauschten. Das bekommt nur mit, wer mittendrin ist. (…) Hoffnung und Zuversicht, kraftspendend ist es, wenn wir im Bewusstsein mit Gleichgesinnten eine solche Konferenz der Tausenden verfolgen. Es gehört dazu, das Gefühl hier und da zu bekommen, eben doch nicht in übergroßer Mehrheit umgeben zu sein von elitären, neoliberalen Großmäulern, die uns die Gebete des Kapitals vorbeten, wie sie es eingetrichtert bekommen haben, es ohne selbst nachzudenken, kritisch schon gar nicht, nur nachplappern. Wie vielen von uns wird es so gehen, dass sie auch Bekannte bis nächste Verwandte treffen und auffallend immer gleiche ideologische Versatzstücke hören, die zum Repertoire neoliberaler Theorien gehören, deren Welt mit Geld, Kapital, Profit beginnt und endet. Sie bemerken in ihrer neoliberalen Kapitalblase nicht einmal mehr, wie weit sie vom wirklichen Menschsein längst entfernt sind und sind zu alledem festen Glaubens, über allem und allen zu stehen. (…)

Roland Winkler, Aue

Mahlen nach Zahlen

Zu jW vom 14.1.: »Zwischen Mühlsteinen«

Der Artikel wirft Fragen auf: Sollen wir, wenn die deutsche Wirtschaft »zwischen die Mühlsteine« gerät, den Mahlprozess aufhalten oder vielmehr befördern? Die gleiche Frage stellt sich, wenn die Bundesregierung angeblich der »deutschen Exportindustrie das Grab gräbt«. Schließlich ist die deutsche Exportindustrie mitverantwortlich für das Elend auf der Welt: »Der Kapitalexport hängt eng mit dem Anwachsen des Warenexports zusammen. Die ausländischen Monopole reißen die Absatzmärkte und Rohstoffquellen in den Schuldnerländern an sich. Somit ist der Kapitalexport eine der Grundlagen des imperialistischen Unterdrückungssystems« (Lehrbuch der Politischen Ökonomie, 1955, S. 265).

Franz Schoierer, per E-Mail

Vielen Dank an den Zusteller oder die Zustellerin der jW, er oder sie steht ja noch früher auf als ich.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

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