Gegründet 1947 Mittwoch, 22. Januar 2025, Nr. 18
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 22.01.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Britisches Gesundheitssystem

NHS kostet Menschenleben

Großbritannien: Gesundheitswesen in der Krise. Pflegegewerkschaft schlägt erneut Alarm, Bau neuer Krankenhäuser verzögert sich stark
Von Dieter Reinisch
9.JPG
Die Regieung von Premier Keir Starmer hatte versprochen, das Gesundheitssystem zu verbessern

Das britische Gesundheitssystem NHS ist weiter in der Krise. Für diesen Mittwoch hat die British Medical Association (BMA) erstmals in der Geschichte der Insel Krankenhausärzte auf der Isle of Man zu einem 48stündigen Streik aufgerufen. Mehr als ein halbes Jahr, nachdem die Labour-Regierung mit großen Versprechungen, das NHS zu verbessern, ins Amt getreten war, zeigt sich das Gegenteil: Der einst noch von der Vorgängerregierung versprochene Neubau von 40 neuen Krankenhäusern dürfte mancherorts erst zwischen 2030 und 2039 erfolgen, erklärte Gesundheitsminister Wes Streeting laut Guardian am Montag im Parlament.

Die Gesundheitskrise kostet bereits Menschenleben, geht aus einem neuen Bericht der Pflegegewerkschaft Royal College of Nursing (RCN) hervor. Schutzbedürftige Patienten würden »ihrer Würde beraubt und dem Pflegepersonal wird der Zugang zu lebenswichtigen Geräten verwehrt«, hatte RCN-Generalsekretärin Nicola Ranger vergangene Woche mit Veröffentlichung des RCN-Reports erklärt. Der zeige »eindeutig, dass die Patienten in dieser Situation sterben«, so Ranger.

»In dem Londoner Krankenhaus, in dem ich arbeite, werden Patienten, die auf Transportliegen eingeliefert werden, oft stundenlang in einer Krankenstation mit einer automatischen Schiebetür abgestellt, die sich nach draußen öffnet. Während sie auf ein Bett warten, werden einige in unserem Leichenaufbahrungsraum versorgt. Das ist der einzige Ort, der noch übrig ist«, berichtete eine Pflegerin gegenüber dem Guardian. Pflege finde »in völlig ungeeigneten Teilen des Krankenhauses« statt, transparente Daten darüber, wie viele Patienten betroffen sind, wie lange ihre Behandlung dort dauert und wie groß der entstandene Schaden ist, gebe es nicht.

RCN forderte Gesundheitsminister Streeting und die Leitung des NHS auf, diese Daten unverzüglich zu veröffentlichen. »Ich liebe meinen Job, aber ich denke jeden Tag daran, zu kündigen«, so eine Pflegerin: »Die schlechte Bezahlung und die moralische Verletzung, die sich daraus ergeben, dass ich den Patienten nicht das geben kann, was sie meiner Meinung nach verdienen, nagen an meinem persönlichen und beruflichen Stolz.« Im Dezember veröffentlichte Daten zeigen zudem, dass sich die Wartelisten für Behandlungen im NHS nicht relevant verkürzen.

Das werfe »kein besonders gutes Licht« auf die Labour-Regierung, kommentierte Labourlist. Schließlich habe sie das NHS »zu einer der wichtigsten Prioritäten erklärt«. Laut der Ärztegewerkschaft BMA arbeiten nahezu alle Krankenhäuser in England im Notbetrieb, da sie ihre Auslastung weit überschritten haben. Einige Krankenhäuser könnten wegen ihrer baufälligen Gebäude bis zum geplanten Baustart »entweder einstürzen oder einen ›katastrophalen Ausfall‹ erleiden«, warnten einige Klinikchefs laut Guardian bereits eindrücklich. Auch wenn Gesundheitsminister Streeting nun von einem überarbeiteten, »ehrlichen, realistischen, umsetzbaren Zeitplan« ausgehe, würden einige Kliniken »nicht bis in die 2040er Jahre bestehen«.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche:

  • Ärmel hochkrempeln, aber bitte nicht anpacken. Der britische Pre...
    09.01.2025

    Privat statt Plan

    Notstand in Krankenhäusern. Das National Health System in England befindet sich in der Krise. Die Regierung setzt auf Gesundheitsfirmen
  • Nichtbeachtung »grundlegender journalistischer Grundsätze«: Prot...
    08.11.2024

    Im Zweifel für Israel

    Offener Brief an BBC: Mitarbeiter kritisieren Voreingenommenheit des britischen Senders. Auch Vertrauen in deutsche Medien schwindet

Mehr aus: Kapital & Arbeit