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Aus: Ausgabe vom 27.01.2025, Seite 8 / Abgeschrieben
80 Jahre Auschwitz-Befreiung

Auschwitz-Komitee: »Wir müssen uns weigern, unseren Traum vom Frieden aufzugeben!«

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Sie haben überlebt: Häftlinge des Vernichtungslagers Auschwitz nach der Befreiung durch die Rote Armee (27.1.1945)

Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee die Häftlinge des Vernichtungslager Auschwitz. Anlässlich des 80. Jahrestages ruft das Internationale Auschwitz-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland zum Frieden auf:

Was ist aus den großen Hoffnungen der Menschheit geworden, jetzt, 80 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945? Die großen Zukunftsfragen der Menschheit – der Kampf gegen den Klimawandel und seine Folgen, Migration, Hunger, Armut, soziale und finanzielle Spaltung – brauchen die gesamte Energie aller. Statt dessen: Antisemitismus, Rassismus und offener Hass in fast allen Gesellschaften weltweit, militärische Krisen und Kriege vielerorts, Egoisten und Autokraten sind an der Macht. Sie reden vom Klimawandel, vertreten aber die Interessen der Erdöl-, Kohle- und Autoindustrie. Sie reden über Frieden, sind aber selbst die größten kriegführenden und rüstungsproduzierenden Staaten. Wir wissen doch: Kriege und Unterdrückung bedeuten Vertreibung und Flucht. Jede Waffe, die in Krisenregionen verkauft wird, schafft neues Leid, neue Vertreibungen. (…)

Wir müssen uns weigern, aufzugeben – wir müssen uns weigern, unseren Traum vom Frieden aufzugeben! Es ist Zeit für Diplomatie. Und mit all unserer Energie – und Militanz – sollten wir für die Ideale von Demokratie, sozialer Gerechtigkeit und für die Befreiung der Menschen von Unterdrückung, Hunger und Krieg eintreten. So jedenfalls hätten unsere Vorbilder, die Überlebenden der Schoah und des Widerstands gegen das NS-Regime, gesprochen. Unsere weitsichtigen Gründungsmitglieder haben im Statut des Auschwitz-Komitees unsere Aufgaben festgelegt, große Aufgaben: Aufklärung über das Vermächtnis der in Auschwitz Ermordeten, Erwachsenenbildung, Völkerverständigung, Jugendbildung, Aufklärung über die Verbrechen des Faschismus, Bekämpfung seiner Ursachen und die Verteidigung demokratischer Rechte und Freiheiten. Eine andere Welt ist möglich! Eine Gesellschaft, in der alle ohne Angst verschieden sein können. Daran halten wir fest.

Wir sind nicht erst seit den Forderungen der AfD und ihres Vertreters Björn Höcke nach einer »erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad« und nach einem »Ende des Schuldkults« zutiefst besorgt. Wir sehen doch alle, wie der rechte Nationalismus in Deutschland, in Europa und der ganzen Welt wächst. Antifa-Bashing, SA-Vergleiche, absurde Äußerungen zum Nationalsozialismus, Hitlergrüße bei der Inauguration des amerikanischen Präsidenten. Was kommt noch?

Wer hat den Überlebenden der Schoah und den Berichten aus dem Widerstand gegen das NS-Regime zugehört? »Die nächsten Jahre und Jahrzehnte werden zeigen, inwieweit durch das Wissen um die Abgründe der Geschichte die gesellschaftliche Resilienz und Resistenz gestärkt wurden.« (Esther Bejarano)

»Ich vertraue auf euch, ich vertraue auf die Jugend«, hatte Esther Bejarano immer wieder gesagt. Und auch viele andere Schoah-Überlebende haben das immer wieder bekräftigt.

Haben wir ihr Vertrauen verdient? Wir sind nicht allein. Wir sind viele. Macht mit, denn:

»Wer schweigt, stimmt zu! Wegsehen ändert nichts. Schaut hin, handelt!«

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

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