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Aus: Ausgabe vom 30.01.2025, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Verdianer gegen Kriegspropaganda

Antimilitaristische Tramfahrer

München: Beschäftigte der Verkehrsgesellschaft protestieren gegen Bundeswehr-Werbung an Bahnen
Von Gudrun Giese
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Straßenbahn in Bayerns Landeshauptstadt – mit Aufforderung zum Einstieg in den Tod

Drei Münchner Straßenbahnfahrer wehren sich dagegen, für Militärpropaganda eingespannt zu werden. Mitte Dezember haben sie eine Petition gestartet, die sich gegen Bundeswehr-Werbung auf Trams wendet.

Mehr noch, am Freitag vormittag werden die in der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi organisierten Beschäftigten der Geschäftsleitung der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) erklären, dass sie das Fahren der Bahnen mit dieser Werbung nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können. In ihrer über das Portal change.org verbreiteten Petition machen die Trambahnfahrer deutlich, dass sie es nicht hinnehmen, Straßenbahnen mit Werbung für »eine angebliche ›Karriere bei der Bundeswehr‹ durch München« zu fahren. Herabwürdigend sei dabei unter anderem der Werbeslogan »Mach, was wirklich zählt«, da er suggeriere, dass die Arbeit der Straßenbahnfahrer und anderer zivil Beschäftigter nicht oder doch weniger zähle, als das Kriegshandwerk zu erlernen und auszuüben. »Man kann nicht ernsthaft von uns erwarten, dass wir diese Beleidigung aller Arbeitenden auch noch durch die Straßen fahren«, heißt es im Petitionstext.

Zudem verstünden sich viele der MVG-Fahrer als Pazifisten, die es keinesfalls mit ihrem Gewissen vereinbaren könnten, »für die Ausbildung zum Töten zu werben«. Besonders verwerflich sei die Anwerbung von Minderjährigen, da sie der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN) widerspreche. »Die BRD gehört zu den ganz wenigen Staaten, wo Jugendliche für die Armee rekrutiert werden«. Dagegen würden die UN, die Kinderkommission des Deutschen Bundestages, Friedens- und Kinderrechtsorganisationen sowie die Gewerkschaften GEW und Verdi seit Jahren protestieren. In der Praxis zeige sich, dass die Bundeswehr offenbar Erfolg mit ihrer öffentlichen Werbung habe, denn inzwischen sei jeder elfte Rekrutierte minderjährig.

Für all das wollen sich die Fahrer nicht als Gehilfen hergeben. Sie fordern von der MVG, dass sie »sich nicht länger zum Rekrutierungsinstrument der Bundeswehr machen« lässt. Für die Beschäftigten gelte: »Arbeiter schießen nicht auf Arbeiter! Metaller bauen keine Panzer! Transportarbeiter transportieren kein Militärgerät! Trambahnfahrer fahren keine Bundeswehr-Tram!« Die widerständigen Beschäftigten sammeln weiter Unterschriften für ihre Petition und appellieren an alle Interessierten, Bundeswehr-Werbung auf öffentlichen Verkehrsmitteln auch in anderen Städten zu melden sowie sich an Gegenaktionen zu beteiligen. Der Verdi-Bezirk München hat auf seiner Vorstandsklausurtagung am 10. und 11. Januar die Unterstützung der Trambahnfahrer und ihrer Petition »Sagt mit uns ›nein!‹ zur Bundeswehr-Tram!« beschlossen.

Die Werbung der Bundeswehr findet sich längst nicht nur an öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern auch immer wieder auf – digitalen – Plakaten. Mit zehn verschiedenen Motiven und greller Optik starteten die Militärs im vergangenen Oktober eine Werbeaktion für die Nachwuchsrekrutierung, die sich jeweils an unterschiedliche Interessenten wendet, wie der Tagesspiegel damals berichtet hatte. Dass vor allem eine jüngere Zielgruppe adressiert werde, zeige sich in der spezifischen Ansprache, die auf Duzen und Schmeicheleien setze, etwa mit dem Satz: »Im Bereich Führung stärken wir, was bereits in dir steckt.« Mit dem Slogan »Weil du es kannst« würden wiederum besonders jene angesprochen, die möglicherweise keine Topnoten vorzuweisen hätten, aber sich gerne bei der Bundeswehr verdingen könnten. Großen Protest haben solche Plakataktionen bisher nicht ausgelöst. Da gäbe es noch etwas von den Münchner Trambahnfahrern zu lernen.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Monika M. aus Hamburg (31. Januar 2025 um 11:58 Uhr)
    Ich danke den Tramfahrern für ihre Aktion und für ihren Mut! Eine Reaktion auf die zunehmende Werbung der Armee im öffentlichen Raum ist wahrlich überfällig. Ihr schreibt, dass Bundeswehr-Werbung in anderen Städten gemeldet werden soll. Nun, da kann man ohne zu zögern Berlin und Dresden nennen (diese Aufzählung ist nicht vollständig!) – derart ausgestattete Fahrzeuge sind da schon an mir vorbeigerauscht. Wo sind die Sprayer, die sonst alle möglichen Gebäude und Fahrzeuge mit ihren Kommentaren versehen? Die Werbung ist – das muss man »anerkennen« – wirklich hoch professionell gemacht. Da hat man viel Geld reingesteckt! In Hamburg kam ich mehrere Tage an einer Plakatwand mit dem Schriftzug »Das Gefühl, wenn eine ganze Armee hinter dir steht« vorbei. Dieses Plakat hat gewirkt und mir große Angst eingejagt! Sehr große!

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