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Aus: Ausgabe vom 01.02.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Industrie mordet mit

Zu jW vom 25./26.1.: »Gaskammern und ­Gänseleber«

(…) Herr Höß sagte zwar, sozusagen symbolisch, dass er Stacheldraht stehlen musste, aber er zog den Zaun nicht persönlich. Neben der SS und anderen direkt im Lager tätigen Wachleuten waren doch auch zivile Firmen und deren Mitarbeiter am Aufbau, der technischen Ausgestaltung und an der Logistik beteiligt.

Außer den Reichsbahnern werden aber nur ganz selten andere erwähnt. Man sieht in den entsprechenden Ausstellungen und Veröffentlichungen wenig bis nichts darüber. Einzig die eine Erfurter Ofenbaufirma, die die Auschwitzer Verbrennungsöfen konstruierte, ständig »verbesserte« und dafür auch Auszeichnungen erhielt, wird immer wieder mal erwähnt.

Nicht umsonst ist von der US-Administration nach 1945 erst mal der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) als Kriegsverbrecherorganisation eingestuft und nicht gleich wieder zugelassen worden, weil sich die allermeisten VDI-Leute schnell selbst gleichschalteten und dann in die Organisation Todt integriert wurden, die ja auch mit solchen Bau- und Installationsleistungen beauftragt war. Hier muss meiner Ansicht nach noch mehr an die Oberfläche kommen, bekannt und publiziert werden.

Wolfgang Schlenzig, Berlin

Auschwitz und die Rote Armee

Jährlich müssen die sowjetischen Opfer am 27. Januar im Fokus der Berichterstattung stehen, besonders auch das Schicksal der 3.500.000 ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen. In den Radionachrichten am 27. Januar wird als erstes die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz erwähnt, aber die Befreiungstat der Roten Armee oft weggelassen. Bei der Gedenkveranstaltung in der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin wurde die herausragende Rolle der Roten Armee nur nebensächlich erwähnt. Verschwiegen wurde, dass man den Jahrestag der Auschwitzbefreiung nur würdig begehen kann, wenn man der ermordeten 27.500.000 Sowjetbürger gedenkt, ohne deren Opfer Auschwitz niemals befreit worden wäre.

Der Historiker Götz Aly schrieb in einer Kolumne vor fast vier Jahren in der Berliner Zeitung, dass 3.000.000 deutsche Wehrmachtssoldaten in die UdSSR einfielen, es folgten Millionen weitere Landser mit Tanks, Bomben, Kanonen, Vergasungswagen und Erschießungskommandos. Am Ende waren über 27 Millionen sowjetische Frauen, Männer und Kinder von Deutschen ermordet, viele 10 Millionen in tiefes Unglück gestürzt worden. Das kommt nie in einer Gedenkveranstaltung vor; aber die Blödheit des ehemaligen polnischen Außenministers Grzegorz Schetyna, der erklärte, Auschwitz hätten die Ukrainer befreit. Als sich frühere jüdische Gefangene darüber empörten, lächelte er dazu mit einer Miene, die man nur als das Grinsen eines kompletten Idioten interpretieren kann.

Mehr als 7.600 Auschwitz-Häftlinge, darunter Hunderte Kinder, verdanken ihre Befreiung der vorgezogenen Offensive der Roten Armee. 66 Rotarmisten wurden selbst auf Auschwitzer Vernichtungslagergelände von der SS hinterrücks erschossen. Eine Überlebende beschrieb, wie sie die Befreiung erlebt hatte: »Wir schauten aus unseren Blocks und sahen einige Rotarmisten mit schussbereiten Gewehren vom Lagertor in unsere Richtung gehen. An Stöcken hängten wir sogleich weiße Laken mit darauf in Form eines Kreuzes genähten roten Streifen raus. Bei unserem Anblick senkten die Soldaten ihre Waffen. Es kam zu einer spontanen Begrüßung!«

Gerd-Rolf Rosenberger, Bremen

Profitmaximierer

Zu jW vom 28.1.: »Freistaat gegen Marxismus«

»Der Begriff der Profitmaximierung sei demnach ›kommunistischer Ideologie‹ zuzuordnen, die mit der ›freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar‹ sei.« Wie steht es denn um die armen Menschen, die genau das tun, ohne zu wissen, dass es der kommunistischen Ideologie entstiegen ist? Werden sie jetzt auch mit Berufsverbot belegt, die im Profimaximierungssektor tätigen Konzernchefs, Fondsmanager und Cum-Ex-Spezialisten? Oder wird man ihnen zugestehen, dass ihr Motiv, die normale imperialistische Raffgier, überhaupt nichts mit kommunistischer Ideologie zu tun hat?

Heinz Braun, per E-Mail

Aus dem Zettelkasten

Zu jW vom 28.1.: »Die erste ›Zeitenwende‹«

Ein im Ganzen schöner und fast gerechter Artikel. Arno Schmidt hat sich aber nach »Kaff auch Mare Crisium« nicht nur nicht verzettelt oder politische Äußerungen eingestellt, sondern mit »Die Schule der Atheisten« 1972 einen eminenten Roman veröffentlicht, der an politischem Weitblick (und an Schönheit) alles überragt, was ich von westdeutschen Autoren kenne. Und zwar weit. Schließlich verhandeln in dem Buch die Amerikaner mit der zweiten übriggebliebenen Großmacht: China. (Und das machen sie auch nur, weil Gefahr aus dem All droht. Mehr an Realismus geht nicht.) Als Ort dieser Verhandlungen wird ein Reservat an der Eider ausgewählt, wo die nach dem großen Krieg noch verbliebenen Deutschen hausen. Der neutrale Ort par excellence – politisch nullwertig.

Der Realismus geht mit schärfstem Sarkasmus einher; die Komik, die Schmidt erzeugt, hat immer ihre zwei Seiten. Das Buch ist das gelungen Komischste, was die Bundesrepublik literarisch zu bieten hat, und man staunt über die Gabe des Einsiedlers Schmidt, ohne je anders als Objekt mit Politik in Berührung gewesen zu sein, derartige Fabeln zu erfinden. Nicht umsonst hat Peter Hacks sich gefragt, für welches Kunstereignis in der Bundesrepublik nicht Arno Schmidt verantwortlich sei. Dringende Lektüreempfehlung für den Autor des Artikels also.

Oliver Brömme, per E-Mail

Nicht umsonst hat Peter Hacks sich gefragt, für welches Kunstereignis in der Bundesrepublik nicht Arno Schmidt verantwortlich sei.

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