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Aus: Ausgabe vom 01.02.2025, Seite 15 / Geschichte
Zweiter Weltkrieg

Vorläufig stabil

Vor 80 Jahren trafen sich die alliierten Staatschefs Franklin D. Roosevelt, Winston Churchill und Josef Stalin zur Jalta-Konferenz
Von Knut Mellenthin
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Ein Foto, das um die Welt ging: Churchill, Roosevelt und Stalin 1945 auf Jalta

Vor 80 Jahren trafen sich in Jalta auf der russischen Halbinsel Krim die Spitzenpolitiker der Antihitlerkoalition: Josef Stalin, Winston Churchill und Franklin D. Roosevelt. Die Konferenz dauerte vom 4. bis zum 11. Februar 1945 und beschäftigte sich hauptsächlich mit Fragen der Nachkriegsordnung. Es war die zweite persönliche Begegnung der »Großen Drei«, die sich zum ersten Mal 1943 in Teheran getroffen hatten. Damals hatten die nächsten Etappen der Kriegführung gegen Deutschland auf dem Plan gestanden, hauptsächlich die Eröffnung einer »zweiten Front« in Frankreich durch die USA und Großbritannien zur Entlastung der sowjetischen Streitkräfte. Roosevelt und Churchill versprachen das Landungsunternehmen für den Mai 1944.

Als sich die drei Staatschefs in Jalta wiedertrafen, waren die Truppen der Alliierten im Westen bis zur deutschen Grenze und im Osten bis zur Oder vorgedrungen, die Rote Armee stand also 80 Kilometer vor Berlin. Sie kontrollierten Rumänien, Bulgarien und Polen vollständig, die größere Hälfte Ungarns und ein Drittel der Tschechoslowakei. US-amerikanische und britische Truppen hatten Frankreich, Belgien, die Niederlanden, Griechenland und fast ganz Italien unter Kontrolle gebracht.

Einheit demonstrieren

Der Krieg war militärisch entschieden, doch seine weitere Dauer (und damit auch das Ausmaß der von den Alliierten noch zu bringenden Opfer) war schwer einzuschätzen. Nach den bisherigen Erfahrungen, verstärkt durch den frischen Eindruck der deutschen Ardennenoffensive (zwischen Mitte Dezember 1944 und Mitte Januar 1945), erwarteten die Alliierten weiterhin heftigen Widerstand. In dieser Situation setzte die Durchhaltepropaganda der Nazis alles auf einen angeblich unvermeidlichen Bruch der feindlichen Allianz. In Übernahme einer Formulierung westlicher Kreise prophezeiten die Nazis damals das Bevorstehen eines »Dritten Weltkriegs« der Sowjetunion gegen ihre Bündnispartner. Von der Wirksamkeit dieser Propaganda hingen der deutsche »Durchhaltewillen« und folglich auch die weitere Dauer und Härte des Krieges ab. Die Konferenz von Jalta musste also zum praktischen Gegenbeweis gegen die Naziparolen werden. Diesem Ziel entsprechend waren die Konferenz­beschlüsse nicht nur darauf angelegt, die Einheit der Alliierten für die weitere Kriegführung zu wahren, sondern sie auch über das Kriegsende hinaus zu erhalten.

Die Zukunft Polens, zu dessen Verteidigung Großbritannien und Frankreich dem Deutschen Reich am 3. September 1939 den Krieg erklärt hatten, war der umstrittenste und schwierigste Punkt der Konferenz. Vereinbart wurde schließlich: a) Die Ostgrenze Polens sollte im wesentlichen durch die sogenannte Curzon-Linie gebildet werden. Die war 1920, um den Krieg zwischen Polen und der Sowjetunion zu beenden, vom damaligen britischen Außenminister George Curzon vorgeschlagen, von Warschau aber nicht respektiert worden; b) Polen sollte »einen ansehnlichen Gebietszuwachs im Norden und Westen« bekommen, dessen Umfang man erst später auf einer Friedenskonferenz festlegen wollte. Auf diesen Grundsatz hatten sich die Alliierten schon in Teheran geeinigt. Churchill versuchte vergeblich, in Jalta eine Revision zugunsten Deutschlands zu erreichen.

Außerdem beschlossen die »Großen Drei«, dass die provisorische polnische Regierung »auf einer breiten demokratischen Grundlage mit Einschluss demokratischer Führer aus Polen selbst und von Polen im Ausland reorganisiert werden« solle. Praktisch wurde dadurch der erbitterte Konkurrenzkampf zwischen der 1944 unter sowjetischer Patronage im befreiten Polen (zunächst in Lublin) gebildeten »provisorischen Regierung« einerseits und der antisowjetischen »Exilregierung« in London andererseits auf Kosten der letzteren entschieden. Entsprechend scharf waren die Proteste der polnischen Vertreter in den USA und in Großbritannien, die auch über die Festlegung der Ostgrenze Verbitterung zeigten.

In Teheran hatten sich die drei Hauptalliierten prinzipiell auf eine Zerstückelung Deutschlands (englisch »dismemberment«) verständigt. Damals hatte Roosevelt vorgeschlagen, Deutschland in fünf Teilstaaten zu zerlegen und darüber hinaus einige Regionen – das Ruhrgebiet, das Saargebiet, die Hafenstädte Hamburg und Kiel – wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung unter internationale Aufsicht zu stellen.

In Jalta wurde diese Diskussion nicht vertieft, sondern nur durch die Feststellung ergänzt, dass Großbritannien, die USA und die Sowjetunion für die Zeit nach der deutschen Kapitulation »oberste Autorität« beanspruchten und dass dies auch »die vollständige Zerstückelung« Deutschland einschließen sollte. Erst während der folgenden Konferenz in Potsdam (17. Juli bis 2. August 1945) würden Stalin, Churchill und der Nachfolger des inzwischen verstorbenen Roosevelt, Harry Truman, sich einigen, Deutschland zwar vorläufig in Besatzungszonen zu teilen, aber perspektivisch dennoch als Einheit zu behandeln. Das sollte nicht zuletzt die »Wiedergutmachung« der Kriegsschäden sicherstellen. »Deutschland muss in natura für die Verluste zahlen, die es den alliierten Nationen im Laufe des Krieges zugefügt hat«, hieß es dazu in den Beschlüssen von Jalta. »Wiedergutmachungen sollen in erster Linie diejenigen Länder erhalten, die die Hauptlast des Krieges getragen, die schwersten Verluste erlitten und den Sieg über den Feind gestaltet haben.«

Spaltung programmieren

Als Grundlage für die Ausarbeitung genauer Festlegungen wurde ein gemeinsamer Vorschlag der sowjetischen und der US-amerikanischen Delegation akzeptiert. Danach sollte die Gesamtsumme der Wiedergutmachung 20 Milliarden Dollar betragen, wovon die Hälfte an die Sowjetunion zu gehen hatte. Schon während der folgenden Konferenz in Potsdam wollten die US-Vertreter davon nichts mehr wissen. Als die Sowjetunion auf der Moskauer Außenministerkonferenz im März und April 1947 ihre Reparationsforderung von zehn Milliarden Dollar vorbrachte, wurde das Ansinnen von den USA endgültig abgeschmettert.

Zwischen der Sowjetunion und Japan war im Frühjahr 1941 – also kurz vor dem deutschen Überfall – ein Nichtangriffsvertrag geschlossen worden, an den sich beide Staaten gehalten hatten. Da Japan Anfang 1945 immer noch über eine Riesenarmee im eigenen Land und in China verfügte, bestand die Befürchtung, dass die Fortsetzung des Krieges in Asien langwierig und verlustreich werden würde. Deshalb drängten die USA auf eine Beteiligung der Sowjetunion. In Jalta versprach Stalin, zwei bis drei Monate nach der deutschen Kapitulation Japan den Krieg zu erklären. Er löste die Zusage am 8. August 1945 ein.

Aus der »Erklärung über das befreite Europa«

Die Herstellung von Ordnung in Europa und der Wiederaufbau des nationalen Wirtschaftslebens müssen durch Prozesse erreicht werden, die die befreiten Völker in die Lage versetzen, die letzten Überreste von Nazismus und Faschismus zu zerstören und demokratische Institutionen ihrer eigenen Wahl zu schaffen. (…)

Um die Voraussetzungen zu fördern, unter denen die befreiten Völker diese Rechte ausüben können, werden die drei Regierungen den Menschen in jedem befreiten Land oder in den früheren Achsenstaaten gemeinsam beistehen, wo es ihrer Ansicht nach erforderlich ist, um

a) Bedingungen für inneren Frieden herzustellen;

b) dringend erforderliche Hilfsmaßnahmen zur Entlastung der notleidenden Menschen durchzuführen;

c) übergangsweise Regierungsbehörden zu bilden, die auf breiter Ebene alle demokratischen Elemente in der Bevölkerung repräsentieren und die sich zur frühestmöglichen Schaffung von Regierungen, die dem Volkswillen entsprechen, durch freie Wahlen verpflichten;

d) die Abhaltung solcher Wahlen zu unterstützen, wo dies nötig sein sollte. (…)

Sofern es die Umstände in irgendeinem befreiten europäischen Staat oder einem ehemaligen europäischen Vasallenstaat der Achse nach Ansicht der drei Regierungen erforderlich machen, werden sie sich unverzüglich über die Maßnahmen beraten, die nötig sind, um den gemeinsamen Verantwortlichkeiten nachzukommen, die in dieser Erklärung dargelegt sind.

Aus den Beschlüssen der Jalta-Konferenz (Übersetzung: km)

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