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30.01.2025, 19:45:46 / Ausland

Flugzeugunglück in Washington : Behörden gehen von 67 Toten aus

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Potomac River (Arlington, Virginia, 30.1.2025)

Washington D.C. Bei der Kollision eines Passagierfliegers mit einem Militärhubschrauber in der US-Hauptstadt Washington kamen nach Einschätzung der Behörden alle 67 Menschen an Bord der beiden Maschinen ums Leben. »Zum jetzigen Zeitpunkt glauben wir nicht, dass es Überlebende gibt«, sagte Feuerwehrchef John Donnelly. Noch ist unklar, was zu dem Absturz führte.

Über Nacht hatten Rettungskräfte mit Booten und Tauchern im eiskalten Wasser des Potomac-Flusses ohne Erfolg nach Überlebenden gesucht. Bis zum Morgen wurden laut Donnelly 27 Leichen aus dem Passagierflugzeug geborgen und eine Leiche aus dem Helikopter. Man arbeite daran, alle Leichen zu finden, versprach er. Doch das werde angesichts schwieriger Bedingungen bei der Bergungsaktion eine Zeit lang dauern.

Das Unglück geschah am Mittwoch abend nahe dem Hauptstadtflughafen Ronald-Reagan-Airport (DCA), der direkt am Potomac liegt. Dort kollidierte eine Passagiermaschine mit 64 Menschen an Bord beim Landeanflug mit einem Militärhubschrauber. Beide stürzten ins Wasser. An Bord des Helikopters waren drei Menschen, wie US-Medien berichteten. In dem Flugzeug waren 60 Passagiere und vier Crew-Mitglieder.

Von Anfang an war klar, dass die Überlebenschancen in dem eiskalten Wasser gering waren. In Washington lagen die Temperaturen in den vergangenen Tagen weit unter dem Gefrierpunkt, erst zu Wochenbeginn wurde es merklich wärmer. Das Wasser des Flusses ist immer noch klirrend kalt und an einigen Stellen gefroren. Außerdem hatten die Einsatzkräfte mit starkem Wind zu tun, der die Trümmer weiter den Fluss entlang trieb.

Den bisherigen Ermittlungen zufolge zerbrach der Rumpf der Passagiermaschine in drei Teile. Auf Videos war ein Feuerball in der Luft zu sehen. Wie es zu der Kollision kam, ist noch unklar. Hinweise auf Kriminalität oder Terrorismus gibt es bislang nicht.

US-Präsident Donald Trump hat bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz nahegelegt, dass das Flugunglück in Washington auf einen Pilotenfehler in dem beteiligten Militärhubschrauber zurückgehen könnte. Es habe ein »Pilotenproblem« bei dem Helikopter gegeben, sagte Trump bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus in Washington, ohne Belege zu nennen. Der Hubschrauber hätte stoppen können, behauptete der 78jährige. »Ich habe Hubschrauber, man kann einen Hubschrauber sehr schnell stoppen.«

Mit Blick auf den Militärhubschrauber, der mit einem Passagierflugzeug kollidiert war, sagte er: »Man hätte den Hubschrauber erheblich verlangsamen können. Man hätte den Hubschrauber stoppen können. Man hätte hochfliegen können, man hätte runterfliegen können. (...) Man hätte drehen können. Man hätte eine Million verschiedene Manöver machen können, aber aus irgendeinem Grund flog er einfach weiter.« Trump beklagte, die Besatzungsmitglieder in dem Helikopter hätten »sehen müssen, wohin sie fliegen«.

Trump beklagte auch, die Flugsicherung habe zu spät eine Warnung ausgesprochen. »Diese Warnungen wurden sehr spät gegeben«, kritisierte er. »Ich gebe nicht dem Fluglotsen die Schuld«, schob er später nach. Er sage lediglich, dass es Dinge gebe, die man in Frage stellen könne – wie die Tatsache, dass das Passagierflugzeug und der Militärhubschrauber auf gleicher Höhe geflogen seien.

Trump griff offen die Politik seiner demokratischen Vorgänger Barack Obama und Joe Biden an und verunglimpfte auch den gerade aus dem Amt geschiedenen, bisherigen Verkehrsminister, Pete Buttigieg. Der Demokrat habe die FAA »mit seiner Vielfalt in den Boden gestampft«, sagte er.

Fluglotsen müssen sich in den USA, wie anderswo, regelmäßigen Gesundheits- und Eignungstests unterziehen, darunter psychologischen Bewertungen und Stresstests. Bestimmte Erkrankungen führen in der Regel zur Disqualifikation – es gibt klare Ausschlusskriterien.

Laut Luftfahrtbehörde FAA handelte es sich bei dem Passagierflugzeug in dem Unglück um eine Maschine des Typs Bombardier CRJ700 von American Airlines, die in der Stadt Wichita im Bundesstaat Kansas gestartet war. Der Hubschrauber war nach Angaben des Pentagons ein UH-60-Hubschrauber, ein Modell aus einer Familie militärischer Mehrzweckhubschrauber. Dem Pentagon zufolge war der Hubschrauber auf einem Übungsflug.

Der Ronald-Reagan-Airport (DCA) stellte nach dem Absturz zunächst zeitweise den Betrieb ein, öffnete nach einigen Stunden aber wieder. Der Luftraum über Washington ist stark frequentiert – neben dem zivilen Flugverkehr sind hier häufig Militärmaschinen und Regierungsflugzeuge unterwegs. Wer in Washington lebe, sehe regelmäßig, »wie Militärhubschrauber den Fluss auf und ab fliegen«, sagte US-Verkehrsminister Sean Duffy. »Das ist eine Standardroute, die sie fliegen.« Es gebe ein standardmäßiges Verfahren für das Nebeneinander von Passagiermaschinen und Helikoptern. Doch in diesem Fall sei »etwas schiefgelaufen«.

Duffy betonte, vor dem Unglück habe es keinerlei Auffälligkeiten gegeben. »Alles war ganz normal vor dem Absturz.« Es sei eine klare Nacht mit guten Sichtbedingungen gewesen. Und die Piloten des Hubschraubers seien sich bewusst gewesen, dass die Passagiermaschine in der Nähe gewesen sei. Das Unglück wäre vermeidbar gewesen, argumentierte der Verkehrsminister.

An Bord der Passagiermaschine waren mehrere Eiskunstläufer, Trainer sowie deren Angehörige. Sie seien auf der Rückreise von einem Trainingslager gewesen, das im Rahmen der nationalen Meisterschaften in Wichita in Kansas stattgefunden habe, hieß es in einer Erklärung des amerikanischen Eiskunstlaufverbandes. Der Kreml bestätigte außerdem laut Staatsmedien in Moskau den Tod von zwei Eiskunstläufern russischer Herkunft: zwei Ex-Weltmeister im Paarlaufen, die zuletzt in den USA als Trainer gearbeitet hätten. Es seien auch noch »andere unserer Mitbürger« an Bord gewesen, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. (dpa/jW)

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