Washington auf dem Rückzug
Von Sebastian Edinger![9.jpg](/img/450/205129.jpg)
Seit Montag gehen die Mitarbeiter der Entwicklungsbehörde USAID nicht mehr ins Büro. Wer zu seinem Arbeitsplatz im Ronald Reagan Building in Washington will, wird von Sicherheitskräften des Heimatschutzministeriums aufgehalten. Den Beschäftigten im Ausland wurden 30 Tage Zeit gegeben, in die USA zurückzukehren. Dass die Vereinigten Staaten ihre Entwicklungspolitik grundlegend neu ausrichten, hatte sich bereits nach der Amtseinführung von Präsident Donald Trump gezeigt, als dieser die Zahlungen für 90 Tage einfror. Seither wurden Tausende Mitarbeiter entlassen und zahlreiche Programme eingestellt.
Seit dem Wochenende überschlagen sich die Ereignisse: Nachdem Trump-Berater Elon Musk gewünschte Geheiminformationen der Behörde nicht erhielt, verkündete er ihr komplettes Aus, es sei Zeit, sie »sterben zu sehen«. Letztlich wird USAID wohl dem Außenministerium von Ressortchef Marco Rubio unterstellt. Dieser bezeichnete die Einrichtung am Montag als »unkooperative und undurchsichtige Behörde«, die Fragen über ihre Finanzierung nicht beantworten wolle. Ein solcher »Grad von Aufsässigkeit« mache es unmöglich, Auslandshilfe angemessen zu prüfen.
Fest steht, die USA fahren ihre Entwicklungshilfeausgaben drastisch zurück – und nehmen in Kauf, Einfluss zu verlieren. Überraschend kommt der Schritt nicht, entspricht der Rückzug aus internationalen Verträgen, Organisationen und Strukturen doch der grundlegenden Ausrichtung der Trump-Administration, die die Interessen der sie unterstützenden Kapitalfraktionen eher durch Ausnutzung ökonomischer und militärischer Macht in bilateralen Settings durchzusetzen gedenkt. Wie groß die Lücke ist, die nach dem abrupten Aus der US-Finanzierung vielerorts im globalen Süden klafft, zeigt sich in den letzten Tagen immer deutlicher.
So berichtete das Handelsblatt von Kliniken in thailändischen Flüchtlingslagern, die den Betrieb einstellen; in Bangladesch wurden rund 1.000 Mitarbeiter eines Forschungsprojektes zu Cholera und Unterernährung entlassen; in Kambodscha wurde die Räumung von Landminen gestoppt, und so weiter. Um die Folgen abzufedern, werden vielerorts händeringend neue Geldgeber gesucht. Dabei gerät vor allem China in den Blick, das zum einen über die notwendigen Mittel verfügt und zum anderen im Konkurrenzkampf mit den USA längst darauf bedacht ist, den eigenen Einfluss im globalen Süden auszubauen.
Wie umfassend internationale Entwicklungsfinanzierung schon seit Jahrzehnten zu einem Machtwerkzeug verkommen ist, zeigen nicht nur die zahlreichen CIA-Operationen, die unter dem Deckmantel der Entwicklungshilfe durchgeführt wurden. Auf den Philippinen etwa erkaufte sich Washington mit der Finanzierung zahlreicher Projekte Zugang zu Stützpunkten im Südchinesischen Meer. Spitzt sich der Taiwankonflikt zu, steigt auch deren strategische Bedeutung. Vor diesem Hintergrund dürfte die chinesische Regierung an einer Einflussmehrung interessiert sein.
In den USA mehren sich die Stimmen, die vor einem Verlust globalen Einflusses zugunsten der Volksrepublik warnen. »Mit der Einstellung der Ausgaben für die Auslandshilfe hat die Trump-Administration Amerika an die letzte Stelle gesetzt und unseren größten Gegnern, vor allem China, ein Geschenk gemacht«, warnte etwa der ausgeschiedene USAID-Beamte Michael Schiffer laut Handelsblatt. Doch der Trump-Regierung wird Entwicklungshilfe als Machtwerkzeug schlicht zu teuer. Schwächeren Ländern mit Druck und Drohungen den eigenen Willen aufzuzwingen, dürfte preiswerter sein.
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