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Aus: Ausgabe vom 06.02.2025, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Arbeitskampf

Streit ums Geld

Irische Strafverteidiger streiken im zweiten Monat. Sie fordern weiterhin bessere Bezahlung
Von Dieter Reinisch
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Kaltes System für arme Straffällige und ihre Pflichtverteidiger (Belfast)

In Nordirland wird weiter um Lohn gestritten. Der Ausstand der Strafverteidiger geht nun in den zweiten Monat. Sie fordern eine bessere Besoldung, da diese seit fast zwei Jahrzehnten nicht angepasst wurde. Streitpunkt ist die staatliche Prozesskostenhilfe bei Pflichtverteidigung. Pflichtverteidiger bekommen Angeklagte, die sich keinen eigenen Anwalt leisten können. Jeder Strafrechtler in Nordirland muss eine gewisse Prozentzahl an derartigen Pflichtmandaten annehmen. Für diese Tätigkeit werden die Anwälte vom Staat durch eine Prozesskostenhilfe bezahlt, die vom nordirischen Justizministerium festgelegt und ausgezahlt wird.

Die nordirische Anwaltskammer fordert eine signifikante Erhöhung dieser Prozesskostenhilfe. Laut Berechnung ist diese seit 2005 um bis zu 58 Prozent gesunken. Doch auch nach einem Monat Streik ist keine Lösung in Sicht. Ursprünglich wollten die Anwälte bis zum 31. Januar streiken. Nun haben sie für die Verlängerung um einen weiteren Monat gestimmt. Von den 218 Strafverteidigern, die abgestimmt haben, sprachen sich 77 Prozent für eine vierwöchige Fortsetzung des aktuellen Streiks aus. Laut Berichten der BBC von vergangener Woche hatte das Justizministerium Anfang des Monats entsprechenden Schriftverkehr verschickt, der jedoch vom Anwaltsrat als unbefriedigend erachtet wurde.

Der Vorsitzende des Anwaltsrates, Donal Lunny, bezeichnete die Entscheidung, die Arbeitskampfmaßnahmen auszuweiten, als »bedauerlich«. Das »begrenzte Engagement des Ministeriums« hat dazu beigetragen, die Bedenken der Kammer hinsichtlich des Systems der Prozesskostenhilfe »eher zu verschärfen als zu lindern«, sagte er gegenüber der BBC. Er fügte hinzu, die Entscheidung, die Arbeitskampfmaßnahmen auszuweiten, sei »als letztes Mittel getroffen worden«. Der Streik hat bereits für große Probleme im nordirischen Justizsystem gesorgt. Anklageerhebungen, Plädoyers und Gerichtsverhandlungen fanden im ganzen Januar nicht wie geplant statt. Viele wurden auf Februar verschoben, aber da der Arbeitskampf nun um vier Wochen verlängert wurde, ist zu erwarten, dass einige dieser Fälle auch nächsten Monat nicht bearbeitet werden.

Eine Lösung könnte es dafür im Arbeitskampf der Lehrer geben. Anfang Januar hatten vier Lehrergewerkschaften Streiks angekündigt, diese jedoch kurzfristig ausgesetzt, nachdem es ein neues Gesprächsangebot der Regierung gab. Ihnen wurde vom Bildungsministerium eine Gehaltserhöhung von 5,5 Prozent, rückwirkend zum 1. September 2024, angeboten. Die Lehrergewerkschaften erhielt das Angebot vergangenen Freitag und wird es demnächst ihren Mitgliedern vorlegen. Laut Informationen der BBC wird davon ausgegangen, dass die Gewerkschaften ihren Mitgliedern empfehlen, den neuen Tarifvertrag anzunehmen.

Bildungsminister Paul Givan sagte in der Morgensendung der BBC vergangenen Freitag, sein Ressort stehe »kurz davor, eine Lösung für das laufende Geschäftsjahr zu finden«. Und weiter: »Ich hoffe, dass wir diese Angelegenheit in den nächsten Tagen zu einem Abschluss bringen können, aber ich muss die Prozesse respektieren, die die Gewerkschaften durchlaufen müssen«, sagte er.

Für neuen Unmut sorgt in Nordirland eine Gesetzesänderung zur Einstufung von Abgeordnetengehältern. Am Dienstag wurde im Regionalparlament Stormont eine neue Kommission zur Festlegung der Gehälter von Parlamentariern eingesetzt. Derzeit verdienen sie jährlich umgerechnet 64.000 Euro. Ihre Kollegen in Wales und Schottland dagegen umgerechnet 87.000 Euro. Es wird erwartet, dass die Kommission eine Anhebung der Parlamentariergehälter auf das Niveau von Schottland und Wales ab 2026 vorschlagen wird – ein Plus von 37,5 Prozent für die Politiker.

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