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Aus: Ausgabe vom 06.02.2025, Seite 16 / Sport
Sportpolitik

Es kann dauern

Wegen des Ampel-Aus gibt es keinen ordentlichen Bundeshaushalt 2025. Das spürt auch der Spitzensport
Von Andreas Müller
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Schneller laufen: Sprinterin Gina Lückenkemper beim Internationalen Stadionfest Berlin (1.9.2024)

Es hätte alles so schön werden können. Ein »Sportfördergesetz« sollte noch vor der ursprünglich im September stattfindenden Bundestagswahl verabschiedet werden, mit dem Ziel, dem Spitzensport schnellstmöglich eine unabhängige Agentur als neues »Superhirn« einzupflanzen. Sogar die Zuständigkeit des Bundes für den Leistungssport sollte in diesem Gesetz erstmals festgeschrieben werden, verbunden mit zusätzlichen Fördermillionen aus dem Bundeshaushalt über die 282 Millionen Euro aus dem Vorjahr hinaus. Das Gesetzesvorhaben platzte Anfang November mit der Ampelregierung. Zumindest mit der avisierten Zugabe aus dem für Spitzensport verantwortlichen Bundesministerium des Innern (BMI) darf der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) für dieses Jahr fest rechnen, wie das Ministerium auf jW-Nachfrage bestätigte: »Der Sporthaushalt des BMI hat im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung eine Gesamtobergrenze als Verfügungsrahmen von rund 333 Millionen Euro.«

Das ist ein deutliches Plus von 51 Millionen, aber mit »Pferdefuß«. Weil die Ampel für 2025 keinen ordentlichen Haushalt mehr zuwege brachte, muss der Leistungssportbetrieb in der aktuellen Phase der »vorläufigen Haushaltsführung« vorerst mit 45 Prozent der veranschlagten Bundesmittel auskommen. Und zwar so lange, bis die nächste Regierung nach der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar steht, ihre Arbeit aufnimmt und das Parlament einen ordentlichen Bundeshaushalt verabschiedet. Das kann dauern. »Bis Mai oder spätestens Juni werden unsere 45 Prozent sicher aufgebraucht sein. Leider sind wir sehr abhängig von öffentlichen Mitteln und hoffen, dass die Regierungsbildung nicht allzu lange dauert. Je eher wir wieder in den normalen Takt der Finanzierung kommen, desto besser«, erklärte Olaf Tabor, Vorstand Leistungssport beim DOSB, gegenüber jW.

Keine Panik

Einschränkungen gebe es wegen der »Deckelung« momentan vor allem dort, wo Mittel für neue Projekte oder zusätzliche Stellen vorerst nicht beantragt werden dürfen. In Panik müssten Athleten, Trainer, Olympia- und Bundesstützpunkte und alle anderen Elemente des Leistungssportsystems vor diesem Hintergrund laut Tabor nicht geraten. Die Grundausstattung sei abgesichert. Für die Spitzenverbände des olympischen Sommersports wurden vom BMI bereits 39 Millionen Euro für ihr Personal sowie 41 Millionen für »sportliche Maßnahmen« bereitgestellt, um die langfristige Vorbereitung auf die Spiele 2028 in Los Angeles zu gewährleisten. Sicher zugesagt sind den Verbänden des olympischen Wintersports 12,5 Millionen Euro fürs Personal und 6,9 Millionen Euro für ihre vorolympische Saison mit Blick auf die nächsten Winterspiele vom 6. bis 22. Februar 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo. In Absprache zwischen DOSB und BMI seien damit »Vorkehrungen getroffen«, damit sich die Olympiakandidaten optimal vorbereiten können.

Von der nächsten Bundesregierung und ihrem neuen Innen- sprich: Sportminister erwartet der wichtigste Mann im Leistungssporthauptamt »richtungsweisende Entscheidungen«. Innenministerin Nancy Faeser hatte am 2. August 2024 in Paris bei den Sommerspielen mit ihrem Schriftzug unter ein »Memorandum of Understanding« klargemacht, dass die Ampel dafür ist. Und deren Nachfolger? »Ein Bekenntnis zu Olympia ist natürlich gleichzeitig ein Bekenntnis zum Sport im allgemeinen und zum Spitzensport im speziellen. Dieser Zusammenhang ist untrennbar«, betont Tabor. Umgekehrt verhält es sich wohl etwas anders. Ein Bekenntnis zum Spitzensport muss nicht automatisch ein Ja zur deutschen Olympiabewerbung sein. Beim DOSB scheint man überzeugt, dass die Neuen an den politischen Schalthebeln ebenfalls olympische Träume hegen. Am vergangenen Freitag hielt sich eine kleine Delegation des Dachverbandes in Lausanne in der Schweiz am Sitz des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) auf. Bei Nochpräsident Thomas Bach sollte erkundet werden, welche Hausaufgaben zu machen sind, bevor laut DOSB-Fahrplan – falls die Menschen hierzulande mehrheitlich mitspielen – Ende dieses Jahres mindestens ein Konzept vorgestellt werden soll. Die Amtszeit von Thomas Bach endet demnächst nach zwölf Jahren, im März entscheidet das IOC über die Nachfolge.

Neuwahlen zum Bundestag hin, verspäteter Haushalt her, hält es Olaf Tabor für zu kurz gesprungen, sich einzig auf den Bund zu fokussieren. Für den Leistungssport mindestens ebenso wichtig seien die Bundesländer mit ihrem Part für den Nachwuchs. Dort reift in den 43 »Eliteschulen des Sports« (EdS) und in den Trainingszentren schon jetzt die Generation, die in elf oder 15 Jahren bei eventuellen Sommerspielen in Berlin, Hamburg, Leipzig oder München »Team Deutschland« repräsentieren soll. Gar nicht mehr viel Zeit, um Youngster in die Weltklasse zu führen. Länder und Bund müssen also Hand in Hand gehen, besonders mit Blick auf eine Olympiabewerbung. »Wir möchten dann ja nicht nur gute Gastgeber und erstklassige Ausrichter sein«, mahnt Olaf Tabor, »sondern auch eine aussichtsreiche Mannschaft am Start haben.«

Realistisch geschätzt

Abgesehen von ihren elementaren Zuständigkeiten bei der Suche und Entwicklung des Nachwuchses sind die Länder finanziell unentbehrlich. Es dürfen realistisch geschätzt mehr als 1,2 Milliarden Euro sein, die von den Ländern für den Sport ausgegeben werden. Zum Vergleich: Das BMI finanzierte aus dem »Kernhaushalt Sport« das System mit 16 Olympiastützpunkten und 186 Bundesstützpunkten im Vorjahr mit 282 Millionen Euro. Auch den Etat der Nationalen Antidopingagentur NADA stemmte das BMI mit knapp neun Millionen Euro fast im Alleingang. Die Bundeswehr lässt sich den Leistungssport aktuell etwa 57 Millionen Euro kosten, die Bundespolizei 37 Millionen Euro, der Zoll sein Skiteam an die drei Millionen Euro. Welche Summe die 16 Länder beisteuern, ist für das föderative Geflecht mit Kosten für Personal, Trainingsstätten und die »EdS« nicht exakt errechnet. Erschwerend wirkt, dass hier Ausgaben für den Leistungssport nicht separat ausgewiesen, sondern unter der Überschrift »allgemeiner Sport« laufen. Bayern als Spitzenreiter brachte es im Vorjahr auf 110,6 Millionen Euro.

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