Über Bande gegen Beijing
Von Jörg Kronauer
US-Präsident Donald Trump hat für Montag die Verhängung von Zöllen in Höhe von 25 Prozent auf die Einfuhr von Stahl und Aluminium angekündigt. Die Zölle sollen für Importe aus allen Ländern in gleichem Maß gelten; Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Am härtesten getroffen wird Kanada, das bei Stahl und Aluminium jeweils wichtigster Lieferant der Vereinigten Staaten ist; Mexiko und Brasilien (bei Stahl) sowie die Vereinigten Arabischen Emirate (bei Aluminium) folgen. Bis Redaktionsschluss hatte Trump seine Ankündigung noch nicht umgesetzt. Dennoch brachen am Montag die Kurse nichtamerikanischer Stahlhersteller, so etwa Hyundai Steel (minus 2,9 Prozent) oder Salzgitter (minus 2,2 Prozent), ein; die Kurse von US-Herstellern wie Century Aluminum (plus 9,4 Prozent) oder Nucor (plus 9,5 Prozent) schnellten nach oben.
Trump kündigte zudem für Dienstag oder Mittwoch die Verhängung weiterer Zölle an, mit denen das Zollniveau der USA jeweils auf das Zollniveau ihrer Handelspartner gehoben werden soll. So erhebt die Europäische Union Kfz-Einfuhrzölle in Höhe von zehn Prozent; die USA kassieren nur 2,5 Prozent. Das soll angeglichen werden. Getroffen werden vor allem Länder, die ihre noch schwächere Industrie mit Zöllen schützen müssen, so etwa Vietnam oder Indien.
Hinsichtlich der Stahlzölle hatten einige EU-Staaten vorab Vergeltung angekündigt. Am Sonntag abend, kurz nach Bekanntwerden der jüngsten US-Zollpläne, hatte Bundeskanzler Olaf Scholz erklärt, die EU könne »innerhalb einer Stunde« Gegenmaßnahmen verhängen. Am Montag sagte Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot, die EU kenne »kein Zögern, wenn es darum geht, unsere Interessen zu verteidigen«. Präsident Emmanuel Macron hatte bereits am Sonntag im Gespräch mit CNN erklärt, er denke nicht, dass die EU das »erste Problem« der Vereinigten Staaten sei – das sei China, und darauf solle Washington sich konzentrieren. Die EU lieferte zuletzt rund 15 Prozent aller US-Stahlimporte, Deutschland rund eine Million Tonnen. Weil in der Bundesrepublik 37 Millionen Tonnen Stahl hergestellt werden, fallen die Exporte in die USA nicht allzu stark ins Gewicht, zumal es sich bei einem Teil um schwer ersetzbare Spezialprodukte handelt.
Beobachter verweisen darauf, dass sich die Stahl- und Aluminiumzölle indirekt vor allem gegen China richten. Zwar sind die direkten Lieferungen von Stahl und Aluminium aus China in die Vereinigten Staaten relativ gering, da sie bereits mehrmals von Washington mit Zöllen belegt wurden, zuletzt im September 2024 unter Joe Biden. Allerdings ist der Exportdruck in der Volksrepublik groß, seit die Bauindustrie aufgrund der Immobilienkrise viel weniger verbraucht; die Hersteller verkaufen ihre nun überschüssige Produktion verstärkt ins Ausland. Chinas Stahlexporte nahmen 2024 um 19 Prozent zu. Das führte dazu, dass etwa Kanada mehr billigen chinesischen Stahl erwarb, woraufhin kanadische Stahlkonzerne ihre teurere Ware zunehmend in den Vereinigten Staaten absetzten. Dort ging die Produktion im vergangenen Jahr zurück, da US-Hersteller mit auswärtigen Preisen oft nicht konkurrieren können. Die US-Zölle dürften nun den harten Konkurrenzkampf unter den Stahlproduzenten außerhalb der USA weiter befeuern.
Am Montag sind Chinas Vergeltungszölle gegen die vor einer Woche verhängten pauschalen US-Zölle in Höhe von zehn Prozent auf sämtliche Importe aus China in Kraft getreten.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (11. Februar 2025 um 10:41 Uhr)Trump Schutzwall mit Löchern: Donald Trump ist wieder auf Zoll-Kreuzzug. Stahl? 25 Prozent drauf. Aluminium? Gleich hinterher. Und wenn er schon dabei ist, warum nicht noch ein paar Sonderzölle auf Autos, nur damit niemand denkt, er vergesse Europa. Das Ziel ist klar: Amerika soll wieder Schwerindustrieland werden, voller rauchender Schlote und hämmernder Stahlpressen. Doch wer glaubt, Protektionismus bringe den wirtschaftlichen Heilsweg, der glaubt auch, dass man mit einem Eimer Wasser einen Waldbrand löscht. Denn während Trump imaginäre Handelsfeinde mit Strafzöllen belegt, dreht sich das globale Wirtschaftsrad munter weiter – nur eben nicht in seinem Sinne. Kanada, Europa oder Brasilien werden nicht brav warten, bis die USA wieder Lust auf fairen Wettbewerb haben. Sie reagieren. Und so dreht sich die Spirale: Vergeltungszölle hier, Umgehungsstrategien dort, während internationale Lieferketten sich umsortieren, um die neuen Hindernisse zu umschiffen. Was bleibt, ist ein teurer Wirtschaftskrieg, der niemanden wirklich stärker macht – und schon gar nicht die USA. Denn Hand aufs Herz: Werden in Pittsburgh oder Detroit wirklich wieder Hochöfen angeworfen, nur weil China weniger indirekt in die USA liefert? Wohl kaum. Die großen Zeiten der US-Schwerindustrie sind vorbei, und das nicht wegen ausländischer Konkurrenz, sondern weil Technologie und Wirtschaft sich weiterentwickelt haben. Wer den Fortschritt mit Zöllen bekämpfen will, steht am Ende mit einem rostenden Stahlwerk, während der Rest der Welt längst in die nächste Epoche aufbricht. Protektionismus? Mehr ein Schutzwall mit riesigen Löchern. Und am Ende fällt er ohnehin in sich zusammen.
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