Kriminalisierte Kurvengänger
Von Oliver Rast![imago1055259031.jpg](/img/450/205361.jpg)
Das Stadion ist ihr Experimentierfeld, Fans sind ihre Versuchskaninchen. Oder: Behörden schikanieren Anhänger des Fußballsports, besonders rebellische Kurvengänger. Dreister, härter, repressiver. Der Dachverband der Fanhilfen, ein bundesweiter Zusammenschluss von Fanhelfern, präsentierte am Dienstag ein Forderungspapier zur Bundestagswahl. Sieben Punkte zur Wahrung von Fan-, Bürger- und Freiheitsrechten. Denn mantramäßig wiederholten Fanatiker im Sicherheitsapparat, in Parteien und in Verbänden, dass ein Besuch in der Arena gefährlich sei. Grober Unfug, betonen die Aktivisten aus dem weiten Rund.
Mittels Kriminalisierung von Fankultur und Fandasein werde »ein verzerrtes öffentliches Bild gezeichnet, welches der Einschränkung grundlegender Freiheits- und Bürgerrechte dient«, sagte Linda Röttig, Vorstandsmitglied des Fanhilfendachverbands, am Dienstag gegenüber jW. Und ganz wichtig: Repressalien erfolgten oftmals zuerst bei Fußballfans, würden bei ihnen erprobt, durchgesetzt, um alsdann weitere soziale Gruppen zu treffen.
Die organisierten Fanrechtler lehnen etwa die »Totalüberwachung der Kommunikation durch die Einführung der Chatkontrolle« ab. Sie fordern indes ein Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialarbeiter in Fanprojekten und erteilen erweiterten Befugnissen für Polizeibehörden eine Absage. Und nicht zuletzt steht die Verbunddatei des Bundeskriminalamts, die Datei »Gewalttäter Sport« (DGS), in der Kritik. Dort werden Fans allein wegen Bagatellen gespeichert. Ferner sei die DGS intransparent, das verletze das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Kurzum, die Datei gehöre abgeschafft. Sofort, ersatzlos.
Eine Reform durch die Ampel – wie im Koalitionsvertrag versprochen – blieb aus, bemängelte Fananwalt René Lau am Dienstag gegenüber jW. Und sowieso: Beschuldigten- und Verteidigerrechte seien in den vergangenen Jahren genug eingeschränkt worden. Lau: »Deshalb ist es an der Zeit, zur rechtsstaatlichen Politik zurückzukehren.«
Das mahnt auch Röttig von den Fanhilfen an. Und wer glaube, »sich auf Kosten von Fußballfans politisch profilieren zu können, befindet sich auf dem Holzweg«.
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