Knirschen und flutschen
Von Bernhard Krebs
Mit einem ungefährdeten 32:18 über Schottland hat Irland am zweiten Spieltag des Sechs-Nationen-Turniers im Rugby Union einen großen Schritt auf einen möglichen dritten Turniersieg in Folge gemacht. Auch ein besonders prestigeträchtiger »Grand Slam«, ein ungeschlagener Turniersieg, bleibt möglich. Nach der überraschenden 26:25-Niederlange von Turniermitfavorit Frankreich gegen England liegt Irland mit maximal möglichen zehn Punkten an der Tabellenspitze. Frankreich folgt mit sechs Punkten und liegt nur aufgrund der besseren Differenz bei den erzielten Punkten vor den mit ebenfalls sechs Zählern drittplatzierten Engländern.
Schottland, das mit fünf Punkten auf Platz vier liegt, hat keine realistische Chance mehr auf einen Turniersieg. Irland erwies sich für die »Bravehearts« am Sonntag nachmittag im Murrayfield Stadium in Edinburgh als zu dynamisch und zu präzise. Der irische Sturm tat sein übriges und zerstückelte die Schotten im »Scrum« (dem angeordneten Gedränge) Mal um Mal wie ein gut gewarteter Maishäcksler. Schottland musste bereits in der 22. Spielminute den verletzungsbedingten Ausfall zweier Leistungsträger verkraften: Bei einer halsbrecherischen Rettungsaktion vor dem eigenen Malfeld knallten Spielmacher Finn Russell und der blitzschnelle Wing Darcy Graham übel mit den Köpfen zusammen.
Zwei jeweils erhöhte Versuche von Wing Calvin Nash (8. Spielminute) und Number Eight Caelan Doris (31.) sowie ein Straftritt von Fly-half Sam Prendergast (23.) sorgten für eine komfortable 17:0-Führung für die »men in green«. Der Anschluss-»Try« von Wing Duhan van der Merwe (40.) kurz vor der Pause zum 17:5 kam für eine Aufholjagd der ersatzgeschwächten Schotten zu spät. So schaukelten die Iren in der zweiten Halbzeit einen zu keinem Zeitpunkt gefährdeten 32:18-Sieg über die Irische See nach Hause.
In der Begegnung zwischen England und Frankreich, die je nach Kanalseite »The Crunch« oder »Le Crunch« genannt wird, knirschte es am Samstag abend vor allem auf Seiten der »XV de France«. Als die favorisierten Franzosen durch einen erhöhten Versuch von Wing Louis Bielle-Biarrey (30.) 7:0 in Führung gingen, hätte es der zweite, wenn nicht gar dritte »Try« sein müssen – so fahrlässig waren die Franzosen mit ihren Chancen umgegangen. Zuvor war Bielle-Biarrey ein aggressiver Pass kurz vor dem englischen Malfeld durch die Finger geflutscht; etwas später patzte dann der sonst so makellose Scrum-half Antoine Dupont, der den seifigen Ball nicht zu einem »Try« nutzen konnte. Angesichts des nasskalten Wetters in London wirkte das auf hoher Geschwindigkeit, präzisen Pässen und tödlichen Kicks in die Tiefe aufbauende französische Spiel leidlich überambitioniert. Bei »Les Bleues« standen nach der ersten Halbzeit – die nach erhöhtem Versuch von Center Ollie Lawrence (36.) 7:7 endete – desaströse 15 »Handling Errors« und zehn »Turnovers« zu Buche.
Es steht zu vermuten, dass Headcoach Fabien Galthié sein Team beim Pausentee dazu verdonnerte, hundertmal »Ein Stück Seife bleibt ein Stück Seife« an die Taktiktafel zu schreiben, zumindest zeigte sich das Team in Durchgang zwei um mehr Sicherheit und Kontrolle im Umgang mit dem widerspenstigen Spielgerät bemüht. Doch England schien aus dem Halbzeitgleichstand viel Selbstbewusstsein gezogen zu haben, was in den restlichen 40 Spielminuten zu einem dramatischen, offenen Schlagabtausch führte, mit glücklicherem Ende für England. Eine Minute vor Spielende tankte sich der eingewechselte Center Elliot Daly (79.) zu einem Versuch zum 24:25 über die Mallinie. Fly-half Fin Smith (80.) bewies Nerven und jagte den alles entscheidenden Erhöhungskick zum 26:25-Endstand für England zwischen die Pfosten – der Jubel der rund 82.000 Zuschauer dürfte noch auf der anderen Seite des Ärmelkanals zu hören gewesen sein.
Bereits am Sonnabend nachmittag hatten sich die beiden Tabellenschlusslichter Italien und Wales im Olympiastadion von Rom eine wahre Regenschlacht geliefert. Das überaus unansehnliche Match in strömendem Dauerregen war vor allem von taktischen Kicks geprägt. Das bessere Ende erwischte Italien, das mit 22:15 gewinnen konnte und mit vier Punkten Platz fünf in der Tabelle belegt. Wales hingegen musste die 14. Niederlage in Folge hinnehmen, konnte allerdings, aufgrund der Niederlage mit weniger als acht Punkten, einen defensiven Bonuspunkt fürs Klassement aus Rom entführen.
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