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Aus: Ausgabe vom 13.02.2025, Seite 1 / Titel
Armut bleibt weiblich

Abhängig oder arm

Eine Menge Arbeit, zuwenig Geld: Die Mehrheit der arbeitenden Frauen erhält kein existenzsicherndes Einkommen
Von Gudrun Giese
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Sie fordern Gleichberechtigung – auch bei den Löhnen (Berlin, 8.3.2024)

Abgesehen von den Ewiggestrigen wissen die meisten Menschen, dass Frauen mindestens so leistungsstark sind wie Männer. Dennoch werden sie nach wie vor viel schlechter bezahlt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat anlässlich des bevorstehenden »Equal Pay Day« errechnet: Die Entgeltlücke zwischen den Geschlechtern beträgt 18 Prozent.

Frauen lenken schwere Lastwagen, sind als Lehrerinnen, Tischlerinnen und in allen möglichen weiteren Berufen tätig. Ganz »nebenbei« erledigen viele von ihnen die nach wie vor unbezahlte Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen. Obendrein übernehmen sie in den meisten Fällen den Löwenanteil der Haushaltsarbeit. Als Lohn dafür landet mehr als jede zweite erwerbstätige Frau in der Bundesrepublik in materieller Abhängigkeit oder gleich im Elend. Denn nach einer aktuellen DGB-Studie erzielen 53 Prozent der arbeitenden Frauen kein existenzsicherndes Einkommen. Das bedeutet oft, dass sie von Ehemännern oder Lebenspartnern finanziell abhängig sind. Scheitert die Beziehung, was ja häufiger passieren soll, gehören Frauen, in vielen Fällen als Alleinerziehende, schnell zum armen Teil der Bevölkerung. Jenen, die ihren Partner länger behalten und sogar überleben, droht wiederum die Altersarmut.

Nach Estland und Österreich liegt die Bundesrepublik mit einer Entgeltlücke von 18 Prozent zwischen Mann und Frau innerhalb der EU-Länder an dritter Stelle. Seit 2006 hat sich damit der »Gender Pay Gap« nur um fünf Prozentpunkte verringert. Im Durchschnitt bekamen Frauen 2023 einen Bruttostundenlohn von 20,84 Euro, während Männer 25,30 Euro einstrichen. Auf diese Weise erreichen weibliche Beschäftigte erst am 6. März das Entgelt, das ihre Kollegen bereits am 31. Dezember verbuchen konnten. Laut DGB-Mitteilung zählen zu den Hauptgründen für die nach wie vor große Lücke die Berufe, in denen die Geschlechter jeweils vorwiegend arbeiten, sowie der Umfang der Beschäftigung. Nach wie vor liegen die Gehälter in frauendominierten Berufen wie Erziehung, Pflege und Handel deutlich unter denen in Bereichen wie Technik, Informatik und Industrie, wo sich mehr männliche Beschäftigte finden. Außerdem arbeiten Frauen wegen der zusätzlichen häuslichen Verpflichtungen viel öfter in Teilzeit.

Anlässlich des sogenannten Equal Pay Day am 6. März fordert der Gewerkschaftsdachverband eine »höhere Bezahlung in frauendominierten Berufen sowie verbesserte Rahmenbedingungen, damit die Erwerbsbeteiligung von Frauen gesteigert und die gleichberechtigte Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen vorangetrieben wird«. Immerhin förderte die Untersuchung einmal mehr zutage, dass Frauen, die in einem nach Tarif zahlenden Unternehmen arbeiten, deutlich besser dastehen als ihre Kolleginnen, die in einem nicht tarifgebundenen Betrieb beschäftigt sind. Der Unterschied beträgt immerhin rund 3,70 Euro pro Stunde. Gleichzeitig arbeiten Angestellte in Firmen mit Tarifbindung rund eine Stunde weniger pro Woche. Der Einsatz für Tarifverträge zahle sich also ganz deutlich bei Entgelt und Arbeitsbedingungen aus, betont der DGB. Von der künftigen Bundesregierung fordert die Dachorganisation, das schon lange angekündigte Bundestariftreuegesetz endlich auf den Weg zu bringen. Angesichts der derzeit wahrscheinlichen Variante einer von der CDU/CSU geleiteten Koalition dürfte das ein frommer Wunsch bleiben. Wie auch schon unter der SPD-geführten Regierung.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (12. Februar 2025 um 23:15 Uhr)
    Oder, Frau Giese: »Abhängig oder arm oder und arm«. Aber das ist Ihnen und der Mehrheit Ihres Publikums leider nur zu gut bekannt – oft auch am eigenen Leben erfahren, mitsamt Familie. Als wenn sich das nicht ändern lassen könnte! Wenn doch die Mehrheit der Männer dafür eintritt! Was viele von uns seit Jahrzehnten auf die Palme bringt, ist, dass Frauen in extremen Notsituationen samt dem Kind/den Kindern ohne Schutz bleiben, weil es unter anderem viel zu wenige Frauenhäuser gibt. Wie gesagt: Seit Jahrzehnten ist es bekannt und bleibt und bleibt so. Dabei könnte vom BRD-Bundesland mit dem 8. März als Feiertag am Frauentag eine dreigestaffelte Konferenz die Forderungen mit Fristsetzung endlich klären und anstoßen! Und zwar 1. berlinweit, 2. BRD-weit und 3. weltweit! Ich würde zu gern wissen, wie viele Frauen und Männer in welchen Städten in unserem Land vom Haushaltstag in der DDR jemals etwas gehört haben? Anspruch auf diesen bezahlten freien Tag hatten alle Frauen mit Kind oder mehreren Kindern, alle alleinerziehenden Väter und auch alle Frauen ab dem 40. Lebensjahr. Dieses Recht wurde mit dem Anschluss der DDR an die BRD abgeschafft. Fragen wir uns mal, warum … Vielen Dank für Ihren Text, Frau Giese! Meine Mutter würde Sie knuuutschen!