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Aus: Ausgabe vom 13.02.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Neue Sachlichkeit

Zu jW vom 25./26.1.: »Ambivalenz der Form«

Reinhard Lauterbachs Analyse der Mannheimer Ausstellung ist exakt und lesenswert – bis auf seinen letzten Satz, der den Eindruck erweckt, bis zum Ende der DDR sei die Moderne als »Formalismus« kritisiert worden. Er lautet: »Die Kritik an der Moderne als ›formalistisch‹ im Realsozialismus war nicht nur eine Einschränkung der schöpferischen Freiheit der Künstler; sie war vor allem inhaltlich falsch.«

Arne Kagel hat mit seinem Einwand recht. Die Formalismusdebatte der 50er und 60er Jahre war ein kulturpolitischer Fehler. Dank des Engagements vieler Künstler war sie bald überwunden. Sie nahmen sich die Freiheit, die sie für ihre Arbeit brauchten – nicht nur bei ihrem Erbebezug zur Neuen Sachlichkeit, die in der DDR eine neue Blüte erlebte. »Die Moderne« ist ein Sammelbegriff, der zum Schubladendenken verleitet. Peter Feists Formulierung von der »anderen Moderne«, mit der die in der DDR entstandene Kunst in all ihren Facetten gemeint war, kennzeichnet den Stolz auf das Unverwechselbare. Darüber kann man unter anderem in meiner Artikelfolge über den Platz dieser Kunst in der deutschen Kunstgeschichte gern nachlesen (jW vom 3./4.8.2024; jW vom 5.8.2024).

Peter Michel, per E-Mail

Politisches Klima schwer zu ertragen

Die Abgeordneten der Landes- und Bundesparlamente suchen und treffen Entscheidungen zur Zukunft unserer Republik. Darüber wird gestritten. Die Art und Weise, wie mitunter dieser Streit ausgetragen wird, kann ich nur schwer verstehen und ertragen. Meinungsstreit sollte auch in der Politik ein erkenntnisförderndes Mittel sein. Deshalb hätte ich mir auch aktuell vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 eine faire, eben erkenntnisfördernde Sprache, einen anderen Geist gewünscht, vor allem wenn es um Entscheidungen zu Fragen von Frieden und Krieg geht.

1945/46, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, lernte ich in der Schule, dass hinfort selbst das Wort Krieg aus dem deutschen Wortschatz verbannt werden sollte. Im Jahre 2005 überschrieb der Schriftsteller Gerhard Zwerenz das Vorwort des Buches »Krieg ist grausam, ist unmenschlich«, herausgegeben vom Dresdner Verein »Gesellschaft zur Hilfe für Kriegsveteranen in Russland e. V.«, mit den Worten: »Der Sprache des Krieges entkommen«. Zwerenz würdigte diese Publikation und schrieb: »Hier wird mit russischen und deutschen Frontgeschichten ein Versuch gewagt, der Sprache des Krieges zu entkommen, ohne seine Wunden und Narben zu bagatellisieren und zu leugnen.«

In zwei Jahren erreiche ich mein 90. Lebensjahr. Ich hoffe, ich erlebte es noch, was der aus der Sowjetunion ausgebürgerte Weltbürger, Germanist und Schriftsteller Lew Kopelew 1992 anlässlich eines festlichen Empfangs in Köln zu Ehren seines 80. Geburtstages als Vermächtnis der Toten des Zweiten Weltkrieges beschrieben hat: »Es ist jetzt höchste Zeit, alle Kräfte der Geistes- und der Wissenschaft, der Technik, der Kunst und der Dichtung für den Frieden einzusetzen. Es kann und darf keine Ursache mehr geben für kriegerische Auseinandersetzungen; keine Politik darf mit dem Mittel des Krieges fortgesetzt werden. Die Politik muss wissenschaftlich und moralisch, die Wissenschaft politisch und moralisch werden; alle politischen Gewalten und alle Gebiete der Wissenschaft müssen von der Moral der Menschlichkeit durchdrungen werden.«

Ja, es ist höchste Zeit. Alle Parteien Deutschlands können nicht zeitig genug damit beginnen, ihre Politik im Geiste des Vermächtnisses Kopelews zu verwirklichen. Und die Hoffnung, dass nicht in allzu ferner Zeit auch in Russland dieses Vermächtnis Geltung erfährt, sollte niemand aufgeben.

Werner Riebel, Jena

Noch gruseliger als die Realität

Zu jW vom 10.2.: »Hunderttausende gegen Union und AfD«
Betrachtungen von und auf den Nürnberger Demos gegen rechts: Die Demos gegen rechts sind eine Art Klassentreffen. Die Teilnehmenden versichern sich selbst, dass sie rechts nicht wollen und dass sie selbst nicht rechts sind. Mann, Frau und divers kuscheln untereinander und wissen, dass die anderen böse sind. Nebenbei wird aus einer widerwärtig rechten Partei eine dämonische Nazipartei gemacht. Noch gruseliger, als es die AfD auch in der Realität schon ist. Wir wissen es aus der Geisterbahn, der Gruseleffekt führt zum Zusammenrücken und macht es kuscheliger.

Nebenbei – nicht auf den Tausenden Schildern – aber in einigen Reden kommt Wegweisendes vor. Vom Gewerkschaftsführer, von der Chefin der Diakonie. Immer dann, wenn es nicht direkt um die AfD geht, wird es konstruktiv. Da werden Tarife, Wohnungen und soziale Gerechtigkeit eingefordert. Auch die marode Bahn oder kaputte Schulen bekommen ihr Fett ab. Höhere Steuern für Reiche und Superreiche werden eingefordert. Hier positionieren sich Rednerinnen mit Themen und Forderungen, die, wenn sie erfüllt wären, die AfD mindestens halbieren würden. Unklar bleibt, warum das Lager, das hier und für das demonstriert wird, all diese Dinge nicht in den letzten 10 bis 20 Jahren erfolgreich erledigt hat. Immerhin stellt es die Mehrheit in Parlamenten, Regierungen und Medien.

Es bleibt auch unklar, warum man primär »gegen rechts« und erst an zweiter und dritter Stelle für Forderungen ist, deren Erfüllung rechts überflüssig machen würde. Die Demos gegen rechts sind Demos für ein »Weiter so« ohne rechts. »Weiter so« ist die Garantie für mehr rechts. Das scheinen Teilnehmer wie Redner letztlich zu ahnen, sonst würden sie nicht auf die völlig untaugliche Lösung »Verbot der AfD« setzen. Bekommt man die Ursachen nicht weg, muss man das Symptom verbieten.

Stephan Krüger, Neumarkt in der Oberpfalz

Peter Feists Formulierung von der »anderen Moderne«, mit der die in der DDR entstandene Kunst in all ihren Facetten gemeint war, kennzeichnet den Stolz auf das Unverwechselbare.

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