Bayers prekäre Lieferketten

Das Netzwerk »Coordination gegen Bayer-Gefahren« (CBG) erklärte am Montag zur geplanten Aufweichung der Lieferkettenrichtlinie durch die Europäische Kommission und zum Lieferkettenbericht des Bayer-Konzerns:
Für den 26. Februar hat die Europäische Kommission ein Maßnahmenpaket zur Aufweichung der Lieferkettenrichtlinie, der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie zur Taxonomieverordnung angekündigt. »Wir können nicht erwarten, dass wir weltweit konkurrieren können, während wir uns gleichzeitig mit unnötigen Beschränkungen und Einschränkungen überfrachten«, so EU-Kommissar Valdis Dombrovskis zur Begründung des Vorstoßes.
Ein Blick in den Lieferkettenbericht des Bayer-Konzerns für das Jahr 2023 zeigt indes die Wichtigkeit einer strengen Kontrolle der Global Player. Nicht weniger als 1.345 Meldungen über Verfehlungen aus Zulieferbetrieben weist der Report aus. Sie reichen von Kinderarbeit und Behinderung gewerkschaftlicher Tätigkeit über gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen und andere Arbeitsschutzverletzungen bis hin zum Vorenthalten eines gerechten Lohnes und Diskriminierung am Arbeitsplatz.
Dabei betrafen die Verstöße nicht nur die weltumspannenden Lieferketten, sondern auch die Niederlassungen des Agroriesen selbst. 64 Beschwerden über die Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren galten seinem eigenen Geschäftsbereich.
Kein anderes deutsches Unternehmen wartet mit einer so hohen Zahl von Vergehen auf. Adidas etwa listet »nur« 207 auf und SAP 142. »Der Bayer-Konzern hat seine Lieferketten aus Profitgründen über den ganzen Erdball verteilt. Der Bericht dokumentiert nun eindrucksvoll, welche fatalen Folgen das vor allem für die Menschen im globalen Süden hat. Hier bräuchte es schärfere statt schwächere Lieferkettengesetze, aber die Politik kapituliert wieder mal vor dem Kapital«, konstatiert Marius Stelzmann von der Coordination gegen Bayer-Gefahren.
In ihrem vorletzten Wahlprogramm hatten Bündnis 90/Die Grünen noch eine Nachbesserung des deutschen Lieferkettengesetzes gefordert, »zum Beispiel eine Ausweitung der erfassten Unternehmen, aber auch eine Erweiterung der umweltbezogenen Sorgfaltspflichten«. Auf dem Unternehmertag des deutschen Außenhandelsverbandes im Oktober 2024 sah es Wirtschaftsminister Robert Habeck nun aber als dringend geboten an, »die Kettensäge anzusetzen und das ganze Ding wegzubolzen«. Und Olaf Scholz versprach im selben Monat auf dem Arbeitgebertag: »Das haben wir ja gesagt, das kommt weg.« Die Deregulierungen auf europäischer Ebene, die das Maßnahmenpaket anstrebt, begrüßte er in einem Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ebenfalls: »Die deutsche Wirtschaft hat hier zu Recht weiteren dringenden Handlungsbedarf angezeigt, insbesondere hinsichtlich der Belastungen im Rahmen der Nachhaltigkeitsrichtlinie (CSRD), der EU-Taxinomie und der Europäischen Lieferkettenrichtlinie (CSDDD).« (…)
»Kinderarbeit, Druck auf GewerkschaftlerInnen, Lohnraub, Ungleichbehandlung von Mann und Frau, mangelhafter Arbeitsschutz und Umweltverschmutzung – auf all das will Brüssel jetzt nicht mehr so genau blicken, weil es angeblich den Wirtschaftsstandort Europa gefährdet. Das ist ein Skandal«, so Stelzmann abschließend.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Fabian Sommer/dpa18.11.2023
EU verlängert Glyphosat-Zulassung
- IMAGO/teutopress17.11.2023
Bedrohungslage konkretisiert
- Martin Wagner/IMAGO14.10.2023
Glyphosat ohne Mehrheit