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Aus: Ausgabe vom 26.02.2025, Seite 15 / Antifaschismus
Faschisten im Staatsdienst

Nazigrüße an der Polizeischule

Sachsen: Faschistische Handzeichen, rassistische und antisemitische Äußerungen unter Polizeistudierenden
Von Yaro Allisat
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Studierende der Polizeischule Rothenburg führen den Einsatz von Diensthunden vor (12.1.2023)

Bei der sächsischen Polizei wurden im zweiten Halbjahr 2024 gleich 20 neue »rechtsextreme Verdachtsfälle« aufgedeckt. Das ergab eine kleine Anfrage der Linksfraktion im Landtag. Allein 13 der Fälle sollen sich an der Hochschule der Sächsischen Polizei in Rothenburg (Oberlausitz) wegen des »Verdachts des Zeigens eines Handzeichens mit Nähe zu Rechtsextremismus im Rahmen einer Studienreise« ereignet haben. Wie der MDR berichtet, handele es sich um Polizeianwärter, die auf einem Gruppenfoto mit dem neonazistischen sogenannten White-Power-Gruß posierten. Der Gruß entstand in Gegnerschaft zur Black-Power-Bewegung in den USA und drückt eine »Vorherrschaft der weißen Rasse« aus.

Fünf weitere Fälle sollen sich an der Polizeihochschule ereignet haben, unter anderem rassistische, antisemitische und sexistische Äußerungen im Unterricht und das Zeigen des Hitlergrußes. Auch verfassungsfeindliche Äußerungen in den sogenannten sozialen Medien und die Verharmlosung des Hitlerfaschismus werden den Polizisten zur Last gelegt.

Bei einem im August 2024 bekanntgewordenen Fall soll ein Polizist möglicherweise über Jahre hinweg »rechtsextreme Äußerungen« im Unterricht getätigt haben. Wenn sich dies bewahrheite, stelle sich laut Linksfraktion die Frage, warum das nicht früher unterbunden worden sei. Gegen denselben Polizisten laufen laut der Fraktion Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft Chemnitz wegen sexueller Belästigung einer Schülerin.

Seit 2017 sind insgesamt 96 »rechtsextreme Verdachtsfälle« bei der Polizei erfasst worden, 30 allein im Jahr 2024. Laut Antwort des Innenministers Armin Schuster (CDU) wurden Disziplinarverfahren gegen alle Beschuldigten eingeleitet. Die Linkspartei sprach gegenüber dem MDR von 113 Fällen. Das Innenministerium erklärte den Unterschied damit, dass Reichsbürger möglicherweise nicht in der Statistik erfasst seien.

Im Dezember war der Rektor der Polizeihochschule, Dirk Benkendorff, laut Medienberichten überraschend durch den Senat der Hochschule einstimmig abberufen worden. Im Januar hatte das sächsische Innenministerium der Abberufung zugestimmt. Lehrkräfte hatten Benkendorff, der seit Sommer 2023 im Amt war, Untätigkeit und mangelnde Führungsstärke insbesondere im Umgang mit diskriminierenden und rechtsextremen Vorfällen vorgeworfen. Benkendorff hatte dies zurückgewiesen. Er war schließlich vom Landespolizeipräsidenten Jörg Kubiessa in das Innenministerium versetzt worden.

Erst im Dezember hatte ein Focus-Bericht den mittlerweile zweiten großen Munitionsskandal bei der sächsischen Polizei publik gemacht. 1,8 Tonnen Munition, insgesamt 180.000 Schuss, seien an der Polizeihochschule verschwunden. In Antwort auf eine dementsprechende Anfrage räumte das Innenministerium Anfang Februar ein, dass die Lücke bereits bei einer Inventur im September 2024 bekanntgeworden war. Eine daraufhin eingesetzte Arbeitsgruppe habe die »Fehlbestände« nicht vollständig aufklären können. Eine »anhaltende Tiefenprüfung« aller Dienststellen der Polizei Sachsen soll bis zum 31. März abgeschlossen werden.

Die Staatsanwaltschaft Görlitz ermittelt gegen die Polizeihochschule wegen des Verdachts der Unterschlagung. Wie eine weitere Anfrage der Linksfraktion zeigt, verfügt die Polizeihochschule offiziell über 2.757 Kurz- und 591 Langwaffen. 1.641 ihrer Bediensteten waren berechtigt, Waffen im Dienst zu führen, 246 Beamte auch außerhalb des Dienstes. Schon 2021 hatten Beamte des Landeskriminalamts 7.000 Schuss für ein privates Schießtraining aus Polizeibeständen abgezweigt.

Unabhängige Initiativen wie die Gruppe »Copwatch Leipzig« dokumentieren immer wieder Vorfälle von Racial Profiling und Polizeigewalt. Zudem setzt die sächsische Polizei in den vergangenen Jahren vermehrt auf Überwachung, unter anderem an den Grenzübergängen in Görlitz und Zwickau, wo seit 2023 Kameras zur Gesichtserkennung stehen. Auch stationäre Grenzkontrollen finden an den Grenzen zu Tschechien und Polen seit 2023 regelmäßig statt. Eine kleine Anfrage der Linkspartei deckte außerdem den vermehrten Einsatz unbemannter Drohnen, beispielsweise bei Fußballspielen, auf.

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