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Aus: Ausgabe vom 28.02.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
COP16 in Rom

Profite ohne Pflichtabgabe

UN-Artenschutzkonferenz COP16: Fonds für Unternehmen eingerichtet, die mit Gendaten Gewinne machen. Beteiligung freiwillig
Von Wolfgang Pomrehn
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Geld gibt's nur mit gutem Willen der Konzerne: Installation vor der UN-Artenschutzkonferenz in Rom

In Rom ging am Donnerstag abend die diesjährige UN-Artenschutzkonferenz COP16 zu Ende. Auf der Tagesordnung stand ein heftig umkämpfter neuer Finanzmechanismus, mit dem sogenannte Entwicklungsländer künftig Unterstützung beim Umweltschutz bekommen. Weitere Themen waren der Abbau von umweltschädlichen Subventionen in Höhe von 500 Milliarden US-Dollar (etwa 477 Milliarden Euro) jährlich sowie die Überwachung der Umsetzung eines 2022 im kanadischen Montréal verabschiedeten Abkommens. Bis 2030 sollen weltweit knapp ein Drittel der Land- und Meeresflächen unter Schutz gestellt werden, war darin verabredet worden. Derzeit sind es erst 17 Prozent der Land- und acht Prozent der Meeresflächen.

Gleich zu Beginn der Gespräche in Rom war ein Ausgleichsfonds beschlossen worden, in den Unternehmen einzahlen können, die Gewinne mit dem Genom von Wildpflanzen und -tieren machen. Die Gelder werden je zur Hälfte den Ursprungsländern sowie den indigenen Gemeinschaften zugutekommen, von deren Territorien das Genmaterial stammt. Die Zahlungen sind allerdings nicht verbindlich, werden also vom guten Willen der betroffenen Pharma- und anderer Konzerne abhängen.

Andere Ergebnisse lagen bis jW-Redaktionsschluss noch nicht vor. Die Gespräche in Rom stellten die Fortsetzung der letztjährigen UN-Artenschutzkonferenz dar, die im vergangenen November im kolumbianischen Cali hatte vertagt werden müssen. Die Verhandlungen hatten sich dort wegen großer Meinungsverschiedenheiten derart in die Länge gezogen, dass schließlich nach Abreise eines größeren Teils der Delegationen die Beschlussfähigkeit nicht mehr gegeben war.

Zur Fortsetzung traf man sich am Sitz der FAO, der UN-Organisation für Nahrung und Landwirtschaft – und zwar nicht ganz zufällig. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnen seit Jahrzehnten, dass der Verlust der Artenvielfalt langfristig die Ernährung der Menschheit gefährdet. Landwirtschaft braucht nicht nur gesunde, lebendige Böden, sondern auch Insekten für die Bestäubung und nicht zuletzt eine Vielfalt von Nutzpflanzen und deren Wildformen. Letztere sind wichtig, um jederzeit neue Sorten heranzüchten zu können, wenn eine der immer wieder auftretenden Pflanzenseuchen die Ernten gefährdet. Ähnliches gilt auch für Nutztiere. Zudem ist die Produktivität der Ökosysteme in den Meeren mit der zurückgehenden Artenvielfalt ebenfalls gefährdet. Nach Angaben der FAO sind zum Beispiel bereits 33 Prozent der Fischbestände überfischt. 26 Prozent der lokalen Haustierrassen sind vom Aussterben bedroht und von weiteren 67 Prozent kann nicht gesagt werden, ob ihre Bestände noch sicher sind.

Die Ursachen für Aussterben sind vielfältig. Bei Nutzpflanzen und -tieren spielt die Industrialisierung der Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Bei Wildarten sind es Entwaldung, Verschiebung von Klimazonen in Folge des Klimawandels, und oft auch Umweltverschmutzung, die Versauerung der Meere und die Verdrängung durch neue Straßen, Siedlungen und Industriegebiete.

Auch bei den Wildfrüchten und bei jenen Wildtieren, die als Beute für den Menschen in Frage kommen, ist die Lage ernst. Von den 3.980 Arten, die erfasst sind, gelten laut FAO 329 als gesichert und weitere 271 haben in der letzten Zeit immerhin im Bestand zugenommen. Dagegen gelten 936 Arten als gefährdet und von knapp 2.500 ist der Status unbekannt. Ähnlich sieht es im Rest der belebten Natur aus: Es gibt zwischen fünf und 15 Millionen verschiedener Arten von Pflanzen, Pilzen und Tieren. Eine Million davon ist bereits vom Aussterben bedroht. Die Rate, mit der Arten inzwischen verschwinden, ist erdgeschichtlich äußerst ungewöhnlich und nur mit planetaren Katastrophen wie dem Meteoriteneinschlag vor 66 Millionen Jahren vergleichbar, der zum Aussterben der Dinosaurier führte. Entsprechend sprach Susana Muhamad, Kolumbiens ehemalige Umweltministerin und Leiterin der Konferenz, in Rom von einer »existentiellen Krise« – und beklagte zugleich, dass die Verhandlungen wegen der wachsenden internationalen Spannungen schwieriger geworden seien.

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