USA jetzt für Nord Stream 2
Von Susanne Knütter
Es ist ein verrücktes, aber kein abwegiges Szenario: Die USA haben vermutlich die Nord-Stream-Pipelines, über die die BRD direkt günstiges Gas aus Russland bekam und bekommen sollte, auf dem Gewissen. Und nun, nachdem es zwei Jahre lang still um die Röhren geworden ist, könnten die USA selbst zum Betreiber zumindest einer der Pipelines werden.
Zunächst berichtete die Financial Times am Sonntag über einen Neustart für Nord Stream 2, den der ehemalige Chef der Nord Stream 2 AG, Matthias Warnig, ins Gespräch gebracht haben soll. Kurz danach wartete Bild mit eigenen Recherchen auf: Demnach gebe es seit Wochen Geheimgespräche in der Schweiz, wie billiges Gas bald wieder nach Deutschland strömen könnte. Geführt wurden sie demnach unter anderem vom US-Gesandten für Sonderaufgaben, Richard Grenell, der Deutschland wegen Nord Stream 2 einst mit Sanktionen gedroht hatte. Nun allerdings ist alles anders. Der angestrebte Deal sieht offenbar vor, dass die USA und Russland einen Liefervertrag abschließen, bei dem die USA als Zwischenhändler russisches Gas durch die Nord-Stream-2-Röhren nach Mecklenburg-Vorpommern liefern. Das Kalkül, schreibt Bild: Die US-Amerikaner würden den »deutschen Gashahn regeln und nebenbei noch mitverdienen«.
Die US-Regierung würde demnach nicht selbst beteiligt sein, aber US-Investoren. Die Betreiberfirmen der beiden Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 sind pleite, weil kein Gas durch die Röhren transportiert wird. Laut dem zuständigen Insolvenzgericht in der Schweiz, wo die Firmen gemeldet sind, hätten bereits mehrere US-amerikanische Bieter Interesse angemeldet. Darunter z. B. der Investor Stephen Lynch. Er hatte vor einigen Wochen selbst angekündigt, bei Nord Stream 2 einsteigen zu wollen. Bei der US-Regierung habe er bereits eine Ausnahmegenehmigung für den Kauf beantragt, die wegen der US-Sanktionen gegen Russland nötig ist. Lynch argumentierte laut verschiedenen Medien, dass der Übergang der Pipeline in US-amerikanisches Eigentum ein Druckmittel in Verhandlungen mit Moskau über ein Ende des Ukraine-Krieges sein könnte.
Und nebenbei auch gegen die BRD. Interessant und brisant ist, dass die Bundesregierung bei den Verhandlungen offenbar wieder einmal komplett außen vor ist. Das Wirtschaftsministerium versicherte laut Berliner Morgenpost am Montag, es gebe keinerlei Überlegungen für die Wiederaufnahme des Pipelineprojektes. Es gebe auch keine Pläne, sich an einer möglichen Versteigerung von Nord Stream 2 zu beteiligen. Mitreden müsste die BRD am Ende wahrscheinlich trotzdem. Denn der Bund hat einen Hebel: Die Zertifizierung von Nord Stream 2 steht noch aus. Ohne die darf die Pipeline formal nicht in Betrieb gehen.
»Es ist doch absurd, dass wir uns vom Pipelinegas abschneiden und sogar vermehrt russisches LNG-Flüssigerdgas importieren«, sagte der EU-Politiker vom BSW, Fabio De Masi, laut Berliner Morgenpost. Er drängt auf eine Rückkehr zum Gastransport und fordert zugleich eine unabhängige Untersuchung des »vermutlich staatsterroristischen Anschlags« auf die Gaspipeline.
Strang B der Pipeline Nord Stream 2, die nie richtig in Betrieb ging, blieb bei den Sprengungen 2022 – im Gegensatz zu den Röhren von Nord Stream 1 – unversehrt. Strang A ist an zwei Stellen gerissen und teilweise mit Wasser gefüllt. Die Reparaturkosten werden auf 500 Millionen Euro geschätzt. Peanuts im Vergleich zu den zehn Milliarden, die der Bau von Nord Stream 2 gekostet hat. Und im Vergleich zu dem Milliardengeschäft, das winkt.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
-
Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (4. März 2025 um 01:40 Uhr)Wer solche »Freunde« hat, der braucht keine (weiteren) Feinde mehr. Bleibt nur zu hoffen, dass die an dem verbrecherischen Sabotageakt gegen die BRD mit beteiligten Volks- und Landesverrätern doch noch vor Gericht gestellt und für immer im Knast landen werden. Diese zu ermitteln, sollte ja nicht allzu schwerfallen.
Ähnliche:
- Martin Meissner/AP Photo/dpa25.02.2025
Deutschland gespalten
- Angelika Warmuth/dpa24.05.2022
Absage an Konfrontation
- Hazir Reka/REUTERS06.05.2022
Investitionen verteidigen
Mehr aus: Kapital & Arbeit
-
Verbarrikadiert unter Tage
vom 04.03.2025 -
Zahlenspiele des US-Handelsministers
vom 04.03.2025