Bis zur Mondnacht
Von Felix Bartels
Houston hat kein Problem. Zumindest heute nicht. Am Sonntagmorgen um 9.35 Uhr (CET) ist die Mondsonde »Blue Ghost« im lunaren Basaltbecken Mare Crisium gelandet. Die weit im Osten der uns zugewandten Seite des Mondes gelegene Tiefebene spielte in der Raumfahrt bislang eine untergeordnete Rolle, so dass man eher an Arnos Schmidts »Kaff« denkt, denn an erste oder zweite Schritte für die Menschheit.
Drei unscheinbare Landungen gab es bislang im Mare, unternommen von der Sowjetunion. Die erste, Luna 15, scheiterte pikanterweise am 21. Juli 1969, exakt zu der Zeit also, da die NASA-Astronauten der Apollo-11-Mission wenig weiter südwestlich die erste bemannte Mondlandung der Menschheit absolvierten. Luna 15 ging beim Landeanflug zu Bruch. Am 6. November 1974 dann gelang Luna 23 die Landung im Mare, die Rückführung mit Gesteinsproben jedoch nicht. Am 18. August 1976 glückten Luna 24 beide Teile der Mission, Landung und Rückführung. »Blue Ghost« ist demnach der vierte künstliche Flugkörper im Mare.
Die »Blue Ghost«-Mission ist Teil einer Renaissance. Nach dem Hype bis zur Mitte der siebziger Jahre blieb das nautische Interesse am Mond für lange Zeit erloschen. Seit der Landung der chinesischen Sonde Chang’e-3 am 14. Dezember 2013 hat sich erneut ein Wettlauf entwickelt. 2024 absolvierten die USA die erste Landung seit 52 Jahren. Insgesamt haben bislang fünf Staaten erfolgreich Mondladungen durchgeführt: die Sowjetunion, die USA, China, Indien und zuletzt Japan. China und die USA wollen noch vor Ablauf dieses Jahrzehnts bemannte Landungsmissionen starten, wobei in beiden Ländern private Unternehmen eine Schlüsselrolle spielen. Hinter »Blue Ghost« steht das 2014 als »Firefly Space Systems« gegründete private US-Raumfahrtunternehmen Firefly Aerospace, das seinen heutigen Namen 2017 im Zuge der Übernahme durch den ukrainischen Investor Max Poljakow erhielt. Der musste im Frühjahr 2022, da er von den US-Behörden als Sicherheitsrisiko bewertet wurde, seine Anteile verkaufen, seither ist das Unternehmen hauptsächlich in amerikanischer Hand.
Gestartet war »Blue Ghost« am 15. Januar 2025, mit Hilfe einer Falcon-9-Trägerrakete von Space X. Die Sonde führt zehn wissenschaftliche Instrumente der NASA mit an Bord, darunter einen pneumatischen Bohrer, der bis zu drei Meter tief in den Basaltboden des Mare Crisium vordringen und die Wärmeleitfähigkeit des Monduntergrunds messen soll. Das Set der Sonde wird bis zum Einbruch der Mondnacht in rund zwei Wochen aktiv sein. In diesem Zeitraum wird man zwei Himmelsereignisse aufzeichnen: am 14. März 2025 eine totale Sonnenfinsternis, bei der der Mond vollständig in den Schatten der Erde rückt, am 16. März den Beginn der lunaren Nacht. Zugleich erhofft man sich bei der NASA genauere Daten zum Phänomen des lunaren Horizontleuchtens. Das diffuse Nachleuchten zu Beginn einer Mondnacht wurde erstmals 1972 vom Astronauten Eugene Cernan bei der letzten bemannten Mondmission Apollo 17 dokumentiert. Es entsteht, indem sich Oberflächenstaub durch Sonnenstrahlung und den Einfluss des irdischen Magnetschweifs elektrisch auflädt.
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