Der besondere Arbeitsmarkt
Von Peer Schmitt
Bekanntlich herrschen im Profisport große Einkommensungleichheiten. Diese betreffen die Sportarten selbst, naturgemäß die Leistungsklassen innerhalb der Sportarten, die Regionen, Ligen, Organisationsformen und nicht zuletzt auch die Geschlechter. Beispielsweise im Profifußball: Laut DFB-Saisonreport 2023/2024 liegt das monatliche Grundgehalt einer Fußballbundesligaspielerin bei etwa 4.000 Euro. Das Gehalt der Topspielerinnen beim FC Bayern München oder dem VfL Wolfsburg wird auf nicht mehr als 300.000 Euro pro Jahr geschätzt, sprich 25.000 Euro pro Monat. Zum Vergleich: Die Bayern-Profis Harry Kane und Manuel Neuer sollen über 20 Millionen Euro jährlich verdienen. Noch eine andere Vergleichszahl: Das monatliche Durchschnittseinkommen bei Vollzeitbeschäftigten lag in Deutschland laut Angaben des Statistischen Bundesamts im April 2024 bei 4.634 Euro brutto.
Vor dem Equal Pay Day am 7. März und dem Weltfrauentag am 8. März rückt die Debatte um Gleichberechtigung auch im Profisport wieder stärker in den Vordergrund. »Wir müssen nach wie vor feststellen, dass Athletinnen von gleichwertigen Gehältern und Preisgeldern meilenweit entfernt sind«, sagte Karla Borger, Präsidentin vom Verein Athleten Deutschland, der dpa. Abgesehen vom Einkommen kämpften viele Frauen immer noch auch um die Angleichung ihrer Rahmenbedingungen. Dabei gehe es etwa um Trainingsbedingungen, medizinische Betreuung oder Equipment.
In anderen Sportarten, deren Rahmenbedingungen allerdings mit dem Lizenzspielerbetrieb des Fußballsports nicht unbedingt vergleichbar sind, gibt es positive Beispiele. Im Biathlon erhalten Frauen und Männer das gleiche Preisgeld. Auch beim Rodeln, Bob sowie bei großen Events im Tischtennis, Triathlon oder in der Leichtathletik gibt es kaum finanzielle Unterschiede. Beim Handball erhalten Männer und Frauen für ihre Einsätze in den deutschen Nationalteams künftig immerhin das gleiche Tagegeld. »Weitaus wichtiger als der Betrag ist die symbolische Kraft, denn Sport ist wertvoll – egal, ob Frauen oder Männer aktiv sind«, stellte Handballnationalspielerin Xenia Smits klar.
Einer Angleichung in allen Sportarten sind aber allein schon dadurch Grenzen gesetzt, dass im Profisport die, wenn man so will, Produktions- sowie Produktmärkte prinzipiell geschlechtergetrennt sind. »In dieser Geschlechtertrennung besteht eine zentrale Besonderheit des Arbeitsmarktes Profisport. Wir können nicht eine Giulia Gwinn vom FC Bayern plötzlich in das Münchner Herrenteam integrieren, wo sie am größeren Markterfolg des Herrenteams partizipieren könnte«, erklärt der Sportmanagementexperte Christoph Breuer. Die Vorstellung von gleicher Bezahlung im deutschen Fußball sei »gegenwärtig utopisch«.
Der Markterfolg ist maßgeblich für die Verteilung von Gehältern verantwortlich. Es geht um Medienerlöse und hochdotierte Sponsoringverträge. »Der Fan ist einer der Hauptfaktoren. Ist der Fan etwa bereit, für ein Frauenfußballabo bei Sky genauso viel zu bezahlen wie für ein Abo für Männerfußball? Ich denke nicht. Und solange dieser Markterfolg unterschiedlich ist, sind auch die Gehälter unterschiedlich«, prognostiziert Breuer weiter.
Im deutschen Fußball wäre es ein erster Schritt, wenn der alles andere als arme DFB sich dazu entschließen würde, die Prämien für seine vom jeweiligen Marktgeschehen nur mittelbar berührten Nationalmannschaften anzugleichen. »Ich will den Gesprächen über 2025 nicht vorgreifen, aber der Betrag wird sich in diesem Jahr noch einmal signifikant steigern«, sagte DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig mit Blick auf die Frauen-EM in diesem Sommer kürzlich gegenüber Kicker. 2017 hätte es für den Titelgewinn pro Kopf 37.500 Euro gegeben, 2022 dann 60.000 Euro. Zum Vergleich: Bei der jüngsten EM der Männer lag die DFB-Titelprämie jeweils bei 400.000 Euro.
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