Ostdeutsche Männer mit Frauengehalt
Von Susanne Knütter
Nimmt man die drei Indikatoren für die Ungleichheit zwischen Frauen und Männern bei der Bezahlung (Gender Pay Gap), der Arbeitszeit (Gender Hours Gap) und der Erwerbsbeteiligung (Gender Employment Gap) zusammen, kommt man auf den »Gender Gap«-Arbeitsmarkt, also die »geschlechtsspezifische Lücke« am Arbeitsmarkt. Die hat das Statistische Bundesamt einen Tag vor dem Equal Pay Day, der dieses Jahr auf den 7. März fällt, neu berechnet. Das Ergebnis: Die Lücke lag im letzten Jahr bei 37 Prozent, zwei Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.
Ausschlaggebend für den Rückgang war ein kleinerer unbereinigter Gender Pay Gap. Im Jahr 2024 verdienten Frauen demnach im Schnitt 16 Prozent weniger als Männer. 2023 betrug die Lücke noch 18 Prozent. Der Rückgang sei laut Statistischem Bundesamt vor allem auf gestiegene Bruttomonatsverdienste (ohne Sonderzahlungen) von Frauen zurückzuführen. Im Jahr 2024 erhöhten sich die Bruttomonatsverdienste der Frauen gegenüber 2023 um rund acht Prozent. Der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst von Männern stieg dagegen nur um fünf Prozent.
Hinter den Verdienstunterschieden steht unter anderem eine höhere (wesentlich familienbedingte) Teilzeitquote von Frauen. 2024 wie im Jahr davor brachten Frauen 18 Prozent weniger Zeit für bezahlte Arbeit auf als Männer. Bei der Erwerbsbeteiligung ist der Unterschied nicht ganz so groß – dort liegt die Lücke aktuell bei neun Prozent. Das heißt: 73,6 Prozent aller Frauen erhalten für ihre Arbeit Lohn, bei den Männern sind es 80,8 Prozent.
In den letzten zehn Jahren sank der Gender Gap am Arbeitsmarkt um acht Prozentpunkte. Im Jahr 2014 hatte er noch bei 45 Prozent gelegen. Wird die Lohnlücke um ihre strukturellen Ursachen bereinigt, bleibt dennoch ein bereinigter Gender Pay Gap von sechs Prozent. Das heißt: Selbst bei gleicher Qualifikation, gleicher Position, gleicher Arbeitszeit und gleicher Branche verdienen Frauen sechs Prozent weniger als Männer. Je nach Berufstätigkeit kann das im Jahr mehrere tausend Euro ausmachen.
Die Folgen von Lohneinbußen, weniger Lohnarbeitsjahren und weniger Rentenpunkten sind gravierend. Zwar ist der Anteil der Frauen mit Job in den letzten 25 Jahren insgesamt gestiegen. Trotzdem haben 53 Prozent der erwerbstätigen Frauen im Jahr 2025 keine langfristige Existenzsicherung, wie der Deutsche Gewerkschaftsbund ermittelt hat. Sie können demnach nicht für Phasen vorsorgen, in denen sie nicht oder nicht mehr arbeiten können, etwa infolge von Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Alter. 70 Prozent der erwerbstätigen Frauen können mit ihrem Verdienst allein langfristig nicht sich selbst und ein Kind versorgen. Jede dritte erwerbstätige Frau kann mit ihrem eigenen Erwerbseinkommen nicht einmal ihren unmittelbaren Bedarf decken. Das heißt, sie hat für Miete, Lebensmittel, Versicherungen und Freizeitbeschäftigungen nicht genug Geld zur Verfügung. Auffällig ist nach wie vor der große Unterschied zwischen Ost und West: Betrug die Lohnlücke in den alten Bundesländern 17 Prozent, lag sie in den ostdeutschen inklusive Berlin bei fünf Prozent. Allerdings ist im Osten das Lohnniveau generell niedriger, und mehr Beschäftigte beziehen hier nur den Mindestlohn. Der immerhin ist für Männer und Frauen gleich.
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