Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 14.03.2025, Seite 16 / Sport
Beim Fananwalt

Der lange Marsch

Von René Lau
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Sprichwörtlich mahlen die Mühlen der Justiz in der Regel sehr langsam. Verfahren ziehen sich hin, Termine fallen aus, Zeugen bleiben der Verhandlung fern. Für alle Beteiligten untragbar und vor allem nervig. So mancher verliert dabei seinen Glauben an den Rechtsstaat. Aber nicht immer muss ein langes Verfahren etwas Schlechtes sein. Einen solchen Fall erlebte unlängst auch ein Mitarbeiter des Fanprojekts Leipzig.

Das LKA Sachsen ermittelte von 2014 bis 2016 in der Fanszene der Leutzscher wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß Paragraph 129 StGB. Nicht besonders überraschend wurde aus dem Verfahren nichts. Allerdings richteten sich die Ermittlungen auch gegen einen Mitarbeiter des Fanprojekts, ohne dass gegen ihn konkrete Vorwürfe bestanden hätten. Über Monate wurde sein Telefon abgehört, und auch andere Überwachungsmaßnahmen wurden gegen ihn durchgeführt. Gleichsam als Beifang gerieten auch Ärzte, Rechtsanwälte und Politiker ins Visier der Ermittler. Jahrelang hat dieser unglaubliche Vorgang die Justiz und den Sächsischen Landtag beschäftigt. Nach acht langen Jahren hat das Landgericht Dresden nun endgültig entschieden, dass die Überwachungsmaßnahmen rechtswidrig waren. Dabei wies das Gericht auch auf die exponierte Stellung von Mitarbeitern in der sozialen Arbeit hin. Hier vertrauen sich junge Fußballfans in einem geschützten Raum den Sozialarbeitern an. Dabei muss es auch bleiben, und das darf nicht durch rechtswidrige Ermittlungen aufs Spiel gesetzt werden. Wir haben alle noch die unsäglichen Urteile gegen Mitarbeiter des Fanprojekts Karlsruhe im Kopf. Es muss endlich damit Schluss sein, dass übereifrige Polizeibeamte oder Staatsanwälte, die von den betroffenen gesellschaftlichen Bereichen keine Ahnung haben, Fanprojektmitarbeiter in ihrer Arbeit kriminalisieren.

Die Entscheidung des Landgerichts Dresden hat für mich eine Signalwirkung. Ich kann nur jedem Beamten und Staatsanwalt raten, diese Entscheidung zu studieren, sie als Handlungsempfehlung anzusehen und auf dem Boden des Rechtsstaats zu bleiben.

»Sport frei!« vom Fananwalt.

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