Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 19.03.2025, Seite 8 / Ansichten

Ganz in Ruhe

Linkspartei und Aufrüstung
Von Nico Popp
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Stellen eher nicht die Frage, »was die Bundeswehr braucht«: Teilnehmer einer linken Kundgebung gegen die Aufrüstungsbeschlüsse am Dienstag abend in Berlin

Interessante Dinge tragen sich in diesen Tagen im Linkspartei-Universum zu. Da gibt es einen Vorstandsbeschluss von Anfang März, in dem der Schuldenbremse wortreich eine Absage erteilt, mit Blick auf die Aufrüstung – wegen der allein die anderen Parteien das neoliberale Denkmal im Grundgesetz einer »Reform« unterziehen wollen – aber ganz am Ende konstatiert wird, dass »die aktuellen Verteidigungsausgaben« ausreichend seien. Auch eine Art, nicht mehr über Abrüstung zu reden. In dem Beschluss findet sich auch eine aufschlussreiche Kritik an der Ukraine-Politik der EU: Bemängelt wird, dass sie »ausschließlich« auf »militärische Hilfe« gesetzt habe.

Man sieht, dass hier Leute mit Erfahrung im Verfassen von mehrdeutigen Beschluss- und Resolutionstexten am Werk waren. Aber das ist nicht das übliche Zeug, sondern ein weiteres Zeichen dafür, dass in der Partei allerlei in Bewegung kommt. Am Dienstag erläuterte die gefeierte Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek im Deutschlandfunk, die Partei sei für eine Reform der Schuldenbremse, damit »es im Haushalt die Spielräume gibt, in alle Bereiche zu investieren«, und zwar »nicht nur« in Rüstung. Man lehne den »Blankoscheck« ab, aber »warum besprechen wir nicht in Ruhe, was die Bundeswehr braucht?« Man könne sich »ein Beispiel an Finnland« nehmen. Ist das die Sprache einer Antikriegsopposition?

Und was machen eigentlich die zwei Landesregierungen mit Linkspartei-Komponente am Freitag im Bundesrat? Inzwischen deutet sich an, dass mindestens Bremen zustimmen wird. Das ist keine Bagatelle, denn die drei Stimmen, die das Land im Bundesrat hat, könnten für die auch dort nötige Zweidrittelmehrheit gebraucht werden. Sollte das so durchgezogen werden, muss sich das, weil es hier nicht um landespolitischen Kleinkram geht, nicht nur der rechte Bremer Landesverband, sondern die ganze Partei aufs Konto schreiben lassen.

Hinreichend klar ist schon jetzt, dass im neuen Bundestag keine Partei vertreten ist, die Militarisierung und Kriegstüchtigmachung grundsätzlich und mit prinzipiellen Begründungen ablehnt. Die Skandalisierung eines »Blankoschecks« ist keine Kritik, sondern ein wenig verklausuliertes Angebot, über Beträge für den Scheck zu verhandeln. Mit dieser Tatsache wird die Friedensbewegung, deren so eklatante wie bedauerliche Schwäche gerade in diesen Tagen wieder grell zutage tritt, umgehen müssen. Will sie jemals wieder auf die Füße kommen, darf sie sich nicht von denen ins Schlepptau nehmen lassen, die »nicht nur« in Rüstung »investieren« und nicht »ausschließlich« auf Waffenlieferungen setzen wollen.

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