Fischsterben im Kafue
Von Christian Selz, Kapstadt
Die Folgen eines Dammbruchs an einem Kupferbergwerk bedrohen Menschen und Natur in Sambia. Inspekteuren des dortigen Ingenieurverbands zufolge traten bei dem Unfall im Norden des Landes etwa 50 Millionen Liter hochgiftiger Abraumschlamm aus. Die mit konzentrierten Säuren und Schwermetallen versetzte Flut gelangte in Sambias wichtigsten Fluss Kafue, zerstörte Felder und Fischzuchtanlagen. Der Damm war bereits am 18. Februar gebrochen, inzwischen sind im Kafue Fischsterben bis zu 100 Kilometer stromabwärts festgestellt worden. Das gesamte Ausmaß der Katastrophe haben die Behörden noch nicht ermittelt.
Der Kafue versorgt rund fünf Millionen Menschen, ein Viertel der Bevölkerung Sambias, mit Trinkwasser. In der 700.000-Einwohner-Stadt Kitwe wurde die Leitungswasserversorgung umgehend gestoppt. Aus Flugzeugen und Booten wird zur Neutralisierung der Säure Kalk in den Fluss eingebracht. Regierungssprecher Cornelius Mweetwa zufolge müsse der Verursacher für die Kosten der Maßnahmen aufkommen. Der Betrieb der Mine wurde vorübergehend gestoppt.
Der Vorstandsvorsitzende des Bergwerkbetreibers Sino-Metals Leach Zambia, Zhang Peiwen, sprach nach einem Treffen mit Regierungsvertretern von einem »großen Alarmsignal«. Das Unternehmen werde »alles dafür tun, dass sich die betroffene Umwelt so schnell wie möglich regenerieren könne«. Das mehrheitlich zum chinesischen Konzern Nonferrous Metals Industry Group gehörende Unternehmen wolle betroffene Bauern entschädigen. Insbesondere westliche Medien berichten dennoch von gesteigerter Wut auf chinesische Bergwerksbetreiber in Sambias Kupfergürtel, zumal zwischenzeitlich bei einem weiteren, kleineren Säureaustritt an einer anderen Mine ein Arbeiter ums Leben kam.
Chinesische Unternehmen sind in den vergangenen Jahren zu gewichtigen Akteuren in Sambias Bergbauindustrie geworden. Der gestärkte chinesische Einfluss hängt mit hohen Krediten der Volksrepublik für Sambia zusammen. Das Land verfügt über die achtgrößten Kupferreserven der Welt und weist zudem Kobaltvorkommen auf. Beide Rohstoffe werden in der Elektroindustrie benötigt. Sambias Regierung, die etwa ein Drittel ihrer Staatseinnahmen aus dem Bergbau gewinnt, möchte die Förderung von Kupfer – das allein 80 Prozent der Exporte ausmacht – bis 2025 verdreifachen.
Der Fokus auf China in Zusammenhang mit Umwelt- und Sozialfolgen in Sambia verkennt aber Geschichte – und Gegenwart – des Bergbaus in der ehemaligen britischen Kolonie. Die zentrale Stadt Kabwe, wo etwa der Branchenriese Anglo American bis 1974 fast 50 Jahre lang Blei förderte, gilt als einer der am stärksten verseuchten Orte der Welt. 95 Prozent der Kinder dort weisen deutlich erhöhte Bleiwerte im Blut auf, rund die Hälfte von ihnen bräuchte dringend medizinische Betreuung. Gegen Entschädigungsforderungen wehrt sich der Konzern bis heute.
Der britische Konzern Vedanta Resources musste 2021 mehr als 2.500 Menschen entschädigen, die unter der Umweltverschmutzung durch eine Kupfermine des Vedanta-Tochterunternehmens Konkola Copper Mines litten. Das Unternehmen hatte sich erst nach einer Entscheidung des Obersten Londoner Gerichtshofs zu Zahlungen bereit erklärt.
Auch der Schweizer Konzern Glencore wurde 2020 in Sambia zu Entschädigungszahlungen verurteilt, nachdem eine Politikerin Abgase eines Kupferschmelzwerks eingeatmet hatte und infolge eines Asthmaanfalls verstorben war. Spätere Untersuchungen zeigten, dass die Schwefeldioxidgrenzwerte in der Gegend um etwa das 50fache überschritten worden waren. Das Gericht hatte sich seinerzeit »schockiert« gezeigt, dass die wiederholten Verstöße von der sambischen Umweltschutzbehörde nicht geahndet worden waren. Glencore wiederum zeigte sich »enttäuscht« – nicht von der Verseuchung oder dergleichen, sondern vom Gerichtsurteil.
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