Scholzomat des Tages: Klaus Lederer
Von Felix Bartels
Wenn Lederer Visionen hat, geht er nicht zum Arzt. Er schreibt im Tagesspiegel. Gleich zu Beginn wird der »Sehnsuchts- und Zufluchtsort« verbildermatscht: »Berliner Luft atmet Freiheit.« Man ahnt immerhin, was er hat sagen wollen. Die Stadt gewähre »Raum, gemeinsam ganz verschieden sein zu können«. Wie ernst es ihm damit ist, wissen seine früheren Berliner Parteigenossen zu berichten, deren pazifistische Positionen dem Waffenlieferungsnarren so lieb waren wie ein Mückenstich auf der Nase.
Irgendwas wird der Mann schon zu sagen haben, sein Jargon aber ist das Eigentliche an ihm: in einer breiten Debatte … welche Stadt wollen wir sein … Zukunft bewusst gestalten … wechselvolle Geschichte … Stadt um viele Widersprüche … kulturelle Teilhabe … offenes Klima … freie Metropole … Lebensrisiken … Raum und Orte für kreative Nischen … Entwicklung von Subkulturen … Gelingensbedingungen … eine Stadt für alle … in durchtanzten Clubnächten unterschiedlichsten Menschen begegnen … transparenter Diskurs … gestaltbare Zukunft … Problemstau … politische Selbstwirksamkeit.
Dass derselbe Lederer sich en passant über »Poesiealbum-Sätze« der »politischen Klasse« lustigmacht, scheint eine ganz eigene Art Humor zu sein. Der Sound, wie gesagt, ist das Statement. Angetrieben vom Wunsch, den Kollegen der etablierten Parteien zu zeigen, dass er nicht einer der seinen ist, hatte Lederer lange daran gearbeitet, aus einer Klientelpartei der Arbeiterklasse einen Club juvenil angestrichener Urbanität zu machen. Linkes Lebensgefühl statt linke Positionen.
Bissl sozial soll die Vision aber auch sein: »leistbarer Wohnraum«, »relative ökonomische Gleichheit«, »öffentliche Räte« wie in den letzten Monaten der DDR. Blöd nur, dass der Juggernaut des Kapitals über all das hinweggerollt ist. Waschma Pelz, Klaus, aber machnich nass.
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