Achtsame des Tages: Simone Fleischmann
Von Felix Bartels
Geschichte wiederholt nicht sich. Sie wiederholt Geschichten. Was immer passiert da in der Welt, irgendwer irgendwann hat es sich schon ausgedacht. Das Geschehen der letzten drei Jahre zum Beispiel mag einem wie die Neuaufführung von Kleists »Hermannsschlacht« vorkommen. Ein Fürst wird von seinen Peers in einen Krieg gedrängt, den auch er irgendwie will, aber fürchtet. Olaf Arminius. War der Schritt dann einmal getan, folgten Enthemmung und ein Wechsel aus kalter und heißer Wut. Die Militarisierung Deutschlands hat drei Ausdehnungen: Hochrüstung der Armee, tiefe Vernetzung ziviler mit militärischen Strukturen, Durchsetzung des Militarismus im Alltagsbewusstsein der Bevölkerung. Grundlage der umfangreichen Bemühung macht das Narrativ, Russland sei militärisch und wirtschaftlich in der Lage, die Bundesrepublik oder andere NATO-Staaten anzugreifen.
Militarisierung muss früh ansetzen, am besten im Klassenzimmer. Zweifellos gibt es Resthemmungen, doch wo es die gibt, sind immer auch Vorreiter. In Bayern hat man die Zeichen erkannt. Nachdem Lettland unlängst den pflichtgemäß zu besuchenden Verteidigungsunterricht eingeführt hatte, worin die Schüler den Umgang mit Schusswaffen und die Orientierung mit Kompass lernen, zeigte die Präsidentin des Bayerischen Lehrerverbands, Simone Fleischmann, Verständnis: »Wenn wir uns über Selbstverteidigung im kriegerischen Bereich unterhalten, gibt es die eine Ebene, die da heißt: Ich kann mich im Wald orientieren, ich kann ein Maschinengewehr bedienen oder aber kriegstauglich sein.« Die andere Ebene sei die psychologische: »Was macht das mit mir, wie sehr macht mir das Angst, dass der Krieg vor meiner Haustüre ist? Wie gehe ich mit diesen Ängsten und Emotionen um?«
Sensibel muss die Wehrfreude schon sein. Wir leben schließlich in der Ära der Achtsamkeit.
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