BVG und Verdi zur Schlichtung bereit
Von Gudrun Giese
Trotz neuerlicher Warnstreiks und einer beginnenden Urabstimmung über einen unbefristeten Arbeitskampf bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) könnte es auch zu einer Schlichtung kommen. Die zeichnet sich im Moment ab. Sowohl das Unternehmen als auch die zuständige Gewerkschaft Verdi bestätigten grundsätzliche Bereitschaft zum Einschalten externer Schlichter, um den langwierigen Tarifkonflikt beizulegen. Allerdings erübrigten sich durch diese Annäherung keinesfalls die Warnstreiks, die Mittwoch früh begonnen haben und bis Freitag, drei Uhr, dauern werden, erklärte Jeremy Arndt, der auf seiten der Gewerkschaft die seit Januar dauernden Tarifverhandlungen führt.
Vergangenen Freitag hatte Verdi vorerst das Scheitern der Verhandlungen erklärt, da trotz einiger Nachbesserungen durch das Unternehmen die Vorstellungen beider Seiten viel zu weit auseinanderlägen. Während die gewerkschaftliche Tarifkommission für die rund 16.500 BVG-Beschäftigten bei einer Laufzeit von einem Jahr monatlich 750 Euro mehr Grundgehalt, 300 Euro Fahrdienst- bzw. Wechselschichtzulage, 200 Euro Schichtzulage sowie ein 13. Monatsgehalt fordert, habe sich die Geschäftsleitung in den bisherigen Verhandlungsrunden zwar bewegt, aber nicht ausreichend, so Arndt.
Nach mehreren Jahren ohne echte Entgelterhöhung bräuchten die BVGler ein Plus, das die enormen Preissteigerungen der zurückliegenden Jahre ausgleiche. »Das bisherige Angebot der BVG ist weit davon entfernt«, erklärte der Verdi-Mann. Ohnehin sei das Unternehmen Schlusslicht bei der Bezahlung im Vergleich der Nahverkehrsbetriebe. »Das werden die Kolleginnen und Kollegen nicht länger hinnehmen.«
In mehreren Schritten hatte das Unternehmen seine Offerte angehoben und war etwa bei der Laufzeit von anfangs mehr als drei Jahren auf 24 Monate zurückgegangen und bei den Zulagen nach oben. Doch seien die Vorstellungen beim Grundlohn viel zu niedrig, um den erheblichen Nachholbedarf der BVG-Beschäftigten aus den vergangenen Jahren zu kompensieren, erklärte Arndt. Die Kolleginnen und Kollegen hatten bei einer Befragung das Angebot abgelehnt, bei dem sie 2025 eine Entgelterhöhung von 225 Euro monatlich und in den zwei Folgejahren jeweils weitere 100 Euro erhalten hätten.
Mit Zulagen käme ein Beschäftigter bis Anfang 2027 auf 480 bis 550 Euro mehr im Monat. Die Rückmeldung der BVGler zur Offerte sowie die sehr gute Beteiligung an den bisherigen Warnstreiks zeigten deutlich, dass die Belegschaft mehr von dem Unternehmen erwarte. Das Verkehrsunternehmen habe »sechs Verhandlungsrunden Zeit, ein einigungsfähiges Angebot vorzulegen – für weitere Streiks tragen sie die Verantwortung«, so der Gewerkschafter.
Die Sondierungsgespräche über eine Schlichtung zwischen beiden Seiten seien am Dienstag positiv verlaufen, was allerdings weder Warnstreik noch Urabstimmung über unbefristete Streiks berühre. Detailfragen über eine mögliche Schlichtung sollen in den nächsten Tagen zwischen Verdi und BVG geklärt werden, hieß es im RBB. Die Arbeitskampfmaßnahmen würden wie zuvor vor allem Tram und U-Bahn sowie die meisten Buslinien betreffen, teilte das Verkehrsunternehmen mit.
Auf starke Kritik stieß die Einmischung von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU), der an die Gewerkschaft appelliert hatte, die Warnstreiks in dieser Woche abzusagen. Solche Einwürfe empfinde er als »frech«, sagte Kalle Kunkel, Sprecher von Verdi Berlin-Brandenburg, gegenüber dem RBB. Schließlich sei gerade die Politik maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Situation so festgefahren sei. Der Berliner Senat müsse die BVG mit ausreichend finanziellen Mitteln für angemessene Entgelte ausstatten, statt den Tarifparteien Tips zu geben.
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