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Aus: Ausgabe vom 24.03.2025, Seite 5 / Inland
Öffentlicher Nahverkehr

BVG: Erzwingungsstreik oder Schlichtung

Auch die sechste Verhandlungsrunde bei den Berliner Verkehrsbetrieben ist am Freitag gescheitert
Von David Maiwald
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Die Beschäftigten fordern mehr, die BVG erklärt sich »am Limit«

Verhandlungen gescheitert. Auch die sechste Gesprächsrunde zwischen den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) und der Gewerkschaft Verdi ging am Freitag abend ergebnislos zu Ende. Verdi erklärte die Verhandlungen daraufhin für gescheitert und kündigte an, eine Urabstimmung über unbefristete Streiks für die kommende Woche vorzubereiten. Das bisherige Angebot der BVG reiche nicht aus, um die extremen Preissteigerungen der vergangenen Jahre auszugleichen, erklärte der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, Jeremy Arndt. Das Verkehrsunternehmen habe sich bei den Gehältern »nicht genug bewegt«. Am Mittwoch und Donnerstag würden die Beschäftigten also wieder in den Warnstreik gehen.

»Es lag an Verdi, sich zu bewegen und den Ball aufzunehmen«, teilte die BVG mit. Die Forderungen der Gewerkschaft nannte das Unternehmen »realitätsfremd und nicht finanzierbar«. Eine weitere Erhöhung des Angebots durch die BVG könne jedoch nur mit »gravierenden Auswirkungen auf Mitarbeitende und Fahrgäste einhergehen«. Auf Basis des vierten Angebots der Verkehrsbetriebe wären demnach Lösungen möglich gewesen, »wenn sich Verdi kompromissbereit gezeigt hätte«. Die BVG-Verhandler hätten in den Gesprächen schließlich ein Angebot auf den Tisch gelegt, »das im wirtschaftlichen Umfeld seinesgleichen sucht«.

Weiter können zwei Seiten wohl nicht auseinanderliegen. Verdi hatte die Forderungen in dem seit knapp zehn Wochen andauernden Tarifstreit bereits im Oktober 2024 an den Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) übermittelt. Genug Zeit eigentlich, um über die geforderte Lohnsteigerung um 750 Euro nachzudenken. Doch schon Ende Januar ging Verdi aus Protest gegen die »Verzögerungstaktik« des Vorstands in den Warnstreik.

Die Beschäftigten der BVG sollten dem Angebot zufolge für Fahrdienste oder Wechselschichten zudem eine Zulage von 300 Euro erhalten. Für Schichtdienst soll es ebenfalls eine Zusatzzahlung von 200 Euro geben. Außerdem für alle 16.500 Kolleginnen und Kollegen ein 13. Monatsgehalt als »Weihnachtszuwendung«. Über 24 Monate sollte der Tarifvertrag dann laufen. Es ist offenbar der einzige Punkt, bei dem sich Gewerkschaft und Unternehmen bislang einig sind.

Denn die BVG hat in ihrem bislang vierten Angebot in der Frage der Vergütung lediglich rückwirkend 240 Euro mehr ab Januar und 135 Euro mehr ab März 2026 angeboten. Fahrdienst- und Wechselschichtzulagen würden demnach mit 225 Euro bezahlt, die Schichtzulage mit 130 Euro. Die Weihnachtssonderzahlung werde demnach jährlich um jeweils 100 Euro angehoben. Letztgenanntes hatte die BVG schon in ihrem dritten Angebot im Februar formuliert. Zu dieser Zeit sollte der Tarifvertrag aus Sicht des Verkehrsunternehmens jedoch noch bis Ende 2028 laufen, die Weihnachtszuwendung bis dahin also 2.300 Euro betragen, wie es hieß.

»Am Limit der finanziellen Möglichkeiten«, erklärte die BVG, sei sie Mitte März damit angelangt. Da waren noch rund zehn Tage eines 40tägigen Ultimatums der BVG-Beschäftigten übrig, bevor sie über einen unbefristeten Streik abstimmen würden. Das Verkehrsunternehmen blieb dennoch auch am Freitag bei diesem Angebot stehen. Verdi hatte am Mittwoch und Donnerstag vergangener Woche mit zwei Warnstreiktagen offenbar keine weitere Bewegung erwirken können. Nun beginnt mit den Warnstreiks am Mittwoch eine Abstimmung der Gewerkschaftsmitglieder unter den 16.500 Kolleginnen und Kollegen. Sie soll die nötige Klarheit für den weiteren Kurs liefern.

Denn sollten mehr als 75 Prozent der Beschäftigten das vierte Angebot der BVG innerhalb der kommenden zwei Wochen ablehnen, starte der Erzwingungsstreik, teilte Verdi mit. Die BVG verurteilte dies noch am Freitag »aufs schärfste« und rief die Gewerkschaft »ernsthaft auf«, eine Schlichtung anzurufen. Dazu könnte es auch kommen, gab Verdi-Verhandler Arndt dann gegenüber dem RBB zu verstehen. Sollte sich im Gespräch mit dem Unternehmen ein »gemeinsamer Rahmen« für eine Schlichtung ergeben, sei das »eine denkbare Variante«.

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